Beim Umzug hört die Freundschaft auf
Freundschaftsdienste sind Alltag. Wenn dabei etwas schiefgeht, ist jedoch guter Rat teuer. Sich ausreichend abzusichern ist deshalb sinnvoll
Augsburg Wenn ein Umzug ansteht, läuft das in den meisten Fällen nach dem gleichen Muster ab: Man trommelt ein paar Freunde zusammen, leiht sich einen Transporter – und dann werden ein Wochenende lang Kisten und Möbel verladen und entladen. Die Umzugshilfe ist ein typischer Freundschaftsdienst – aber einer, der risikobehaftet ist. Denn gut gemeint ist nicht immer gut gemacht: Ist der hilfreiche Freund ungeschickt und zertrümmert den teuren Spiegel oder lässt die Kiste mit dem von der Oma geerbten Porzellangeschirr fallen, ist guter Rat teuer. In vielen Fällen bleibt man dann auf seinem Schaden sitzen.
Denn zwar gilt eigentlich der im Bürgerlichen Gesetzbuch festgehaltene Grundsatz, dass derjenige, der den Schaden verursacht, dafür geradestehen muss. Bei Gefälligkeitsdiensten gehen Gerichte aber nicht selten von einem „stillschweigenden Haftungsausschluss“aus – also von der Annahme, dass man bei einem Freundschaftsdienst immer stillschweigend vereinbart, gegenseitig nicht für Schäden zu haften. Gesellschaftlich gesehen ist das sinnvoll – so soll verhindert werden, dass die Nachbarschaftshilfe ausstirbt aus Angst vor Schadenersatzforderungen. „Die freiwilligen Helfer möchten eine Gefälligkeit erweisen, aber nicht für eine eventuelle Haftung geradestehen“, sagt Thomas Hollweck, Rechtsanwalt aus Berlin.
Helfer müssen also meist nicht für von ihnen verursachte Schäden aufkommen – es sei denn, sie haben grob fahrlässig gehandelt. Doch der Teufel liegt im Detail: Was, wenn Verursacher des Schadens eine Haftpflichtversicherung hatte? Gilt der stillschweigende Haftungsausschluss auch dann? Problematisch werden solche Zweifelsfälle vor allem, wenn nicht nur Gegenstände kaputtgehen, sondern Menschen verletzt werden. Denn wenn komplizierte medizinische Behandlungen notwendig werden oder gar ein bleibender Schaden entsteht, kann das richtig ins Geld gehen.
Im Fall eines gründlich schief gegangenen Freundschaftsdienstes in Bayern musste letztlich die Haftpflichtversicherung des Verursachers für den Schaden aufkommen, entschied das Oberlandesgericht Nürnberg im vergangenen Herbst (Aktenzeichen: 4 U 1178/17). Zwei Freunde hatten versucht, das Benzin aus einem stillgelegten Auto abzulassen. Dazu krochen sie unter das Fahrzeug und bohrten mit einem Akkuschrauber Löcher in den Plastik-Tank – einer bohrte, der andere hielt einen Behälter zum Auffangen des Benzins. Dabei lief ihm Benzin über die Hand. Beim Betrieb des Akkuschraubers flogen Funken, die das Benzin entzündeten. Derjenige, der den Behälter hielt, erlitt diverse Verletzungen, darunter Brandverletzungen dritten Grades am Handgelenk. Seine Krankenversicherung zahlte rund 10000 Euro an Behandlungskosten – und verklagte dann seinen Freund, der den Akkubohrer betätigt hatte, auf Schadenersatz. Begründung: Er habe sich fahrlässig verhalten und hätte die Gefahr erkennen müssen.
Der Freund argumentierte mit dem stillschweigenden Haftungsausschluss, doch das Gericht lehnte dies laut Informationen des Rechtsschutzversicherers D.A.S. ab: Schließlich besitze der Verursacher eine Haftpflichtversicherung – und dass nicht nur ein helfender Freund von der Haftung freigestellt werden sollte, sondern auch dessen Versicherer, sei kaum anzunehmen. So musste letztlich der Versicherer einder springen. Allerdings erklärten die Richter, dass der Geschädigte selbst zu 50 Prozent mithaften müsse. Er sei für die riskante Aktion mitverantwortlich.
„Grundsätzlich sollte jeder eine private Haftpflichtversicherung haben“, rät Claudia Frenz vom Bund der Versicherten. Sie reguliert Schadensersatzansprüche und wehrt unberechtigte Ansprüche ab. Ob die Haftpflichtversicherung auch für Schäden bei Gefälligkeitsdiensten aufkommt, hängt von den Tarifbedingungen ab. Deshalb sollte man seinen Vertrag genau anschauen.
Problematisch wird es bei Handwerkerhilfen, etwa beim Hausbau. Wenn etwa ein befreundeter Elektriker
Auch Hilfe beim Hausbau muss gut überlegt sein
unentgeltlich mit anpackt, muss der Bauherr unter Umständen eine Unfallversicherung für ihn abschließen. Wann diese notwendig ist, hängt davon ab, wie intensiv mitgeholfen wird: Bei einer auf einen Tag beschränkten Gefälligkeitsleistung besteht keine Versicherungspflicht, darüber hinaus kann es aber vorkommen, dass man als Bauherr ein Bußgeld berappen muss, weil man den Abschluss der Police vergessen hat – und im Schadensfall für die vollen Kosten alleine geradestehen muss. Im Zweifelsfall sollten sich Bauherren bei der Bauberufsgenossenschaft erkundigen.
Die gesetzliche Unfallversicherung gilt bei Freundschaftsdiensten jedenfalls nicht. Das hat das Sozialgericht Karlsruhe entschieden (Az.: S 1 U 2650/11).