Giftgasexperten sind vor Ort
Früher als geplant treffen die Inspekteure in Duma ein. USA verdächtigen Russen, dort Beweise manipuliert zu haben
Damaskus Zehn Tage nach einem mutmaßlichen Giftgasangriff in der syrischen Stadt Duma ist dort nach Angaben syrischer Staatsmedien ein internationales Expertenteam eingetroffen. Die Inspekteure der Organisation für das Verbot von Chemiewaffen (OPCW) erreichten am Dienstag die einstige Rebellenbastion in Ost-Ghuta, wie die staatliche Nachrichtenagentur meldete.
Eigentlich war ihre Ankunft für Mittwoch angekündigt. „Es ist sehr wahrscheinlich, dass Beweise und wesentliche Elemente verschwinden werden“, warnte die französische Regierung am Dienstag. Die Stadt Duma, in der sich am 7. April der mutmaßliche Giftgasangriff ereignete, sei „vollkommen unter Kontrolle der russischen und syrischen Armee“, und die OPCW-Experten hätten bisher den Ort nicht untersuchen können. Schon am Montag hatte der US-Vertreter bei der OPCW Russland vorgeworfen, in Duma Beweise zu manipulieren.
Die USA seien „besorgt“, dass die Russen am Angriffsort Dinge getan hätten, um die Ermittlungen der OPCW zu behindern, sagte Ken Ward. Der russische Außenminister Sergej Lawrow versicherte, dass Russland nichts manipuliert habe. Der Westen beschuldigt die syrische Staatsführung, in Duma international geächtete Chemiewaffen eingesetzt zu haben. Bei dem Angriff wurden nach Angaben örtlicher Helfer mindestens 40 Menschen getötet. In der Nacht zum Samstag bombardierten die USA, Frankreich und Großbritannien mehrere Standorte der syrischen Chemiewaffenproduktion. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron sagte am Dienstag, mit den Luftangriffen hätten die westlichen Staaten „die Ehre der internationalen Gemeinschaft“verteidigt. Die syrische Führung habe wiederholt Giftgasanschläge gegen die eigene Bevölkerung gerichtet, auch gegen Frauen und Kinder.
Die syrische Regierung und ihre Verbündeten Russland und Iran werfen dem Westen dagegen vor, ohne eine unabhängige Bestätigung der Vorwürfe gehandelt zu haben. Westliche Diplomaten beschuldigten
Weitere Rebellengruppe verlässt Ost Ghuta
aber Damaskus, die OPCW-Experten an ihrer Arbeit zu hindern. Moskau begründete die mehrtägige Verzögerung mit der schwierigen Sicherheitslage in Duma. Die Stadt im Nordosten von Damaskus war die letzte Bastion der Rebellen in der Region Ost-Ghuta. Einen Tag nach dem mutmaßlichen Giftgasangriff in Duma sagte die Rebellengruppe Dschaisch al-Islam zu, ihre Kämpfer aus der Stadt abzuziehen. Zuvor waren bereits andere Gruppen unter dem Druck der Regierungstruppen abgezogen.
Berichte über einen nächtlichen Raketenangriff auf die Provinz Homs erwiesen sich als falsch. „Es gab keine Attacke von außen auf Syrien“, meldete am Dienstag unter Berufung auf Militärkreise. Es habe sich um einen „falschen Alarm“gehandelt.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sprach derweil am Telefon mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin über die Entwicklungen in Syrien. Wie die Bundesregierung anschließend mitteilte, waren sich Merkel und Putin einig, „den politischen Prozess zur Beilegung des jahrelangen blutigen Konflikts in den Mittelpunkt aller Bemühungen zu stellen“.