Nationalpark: Rößle bedauert das Aus
Der Landrat hätte in einem solchen Projekt eine große Chance für die Region gesehen. Auch die Naturschützer sind enttäuscht. An anderen Stellen sorgt die Ankündigung von Ministerpräsident Söder jedoch für Erleichterung
Landkreis Die Region als Teil eines Nationalparks – diese Idee hat in den vergangenen knapp zwei Jahren für kontroverse Diskussionen gesorgt. Nach jetzigem Stand dürfte dieses Szenario aber nichts außer einem Gedankenspiel bleiben. Denn Bayern soll in absehbarer Zeit nun doch keinen dritten Nationalpark bekommen. Die Idee solle endgültig zurückgestellt werden, kündigte der neue Ministerpräsident Markus Söder am Mittwoch in seiner Regierungserklärung an.
Landrat Stefan Rößle bedauert diese Entwicklung. Überrascht sei er aber nicht, denn die Entscheidung habe sich durch vorherige Aussagen Söders schon abgezeichnet. „Ich habe mit ihm auch persönlich sehr intensiv Ende Januar bei der Schwaben CSU in Irsee darüber gesprochen“, berichtet Rößle. Damals habe ihm Söder erklärt, dass die Widerstände gegen einen dritten Nationalpark im Freistaat zu groß seien. „Ich finde das schade, denn ich stehe nach wie vor hinter der Nationalpark-Idee, weil ich dadurch große Chancen sehe“, betont der Landrat. Er sei an Ostern im Bayerischen Wald gewesen und habe dort eine „eindrucksvolle Tier- und Pflanzenwelt“erlebt. Auch touristisch sei ein Nationalpark eine ganz besondere Attraktion, auch in Sachen Umweltbildung.
Bedauerlich findet Rößle auch, dass der von der früheren Umweltministerin Ulrike Scharf angedachte Dialogprozess nun beendet ist, bevor er so richtig angefangen hat. „Es war schon besprochen, wo und wie die Veranstaltungen bei uns stattfinden sollten“, verrät Rößle. Es hätten sich bisher zwar die Verbände zu Wort gemeldet, aber eine echte Diskussion mit der Bevölkerung habe es nicht gegeben. „Es wäre sicher schwierig gewesen, aber vielleicht hätte man die Mehrheit überzeugen können.“Zumindest, so der Eindruck des Kreischefs, seien die Bürger während der Debatte generell für die Themen Umwelt und Natur worden. In einem Nationalpark Donau-Auen wären im Landkreis rund 500 Hektar betroffen gewesen, vom Staatswald bis zur Lechmündung bei Marxheim. „Was oft übersehen wird: Dieser Bereich hat ohnehin einen Schutzstatus, als FFH- oder Vogelschutzgebiet. Die Auflagen haben wir also sowieso, nur profitieren wir nun nicht in Form eines Nationalparks.“
Generell habe Söder als neuer Ministerpräsident schon „Beeindruckendes geleistet“, viele Themen besetzt und einen konkreten Plan für Bayern.„Beim Thema Nationalpark bin ich aber anderer Meinung“, so Rößle. Dennoch sei die Entscheidung so zu akzeptieren.
Söder hatte auch angekündigt, in den zuletzt diskutierten Regionen für einen dritten Nationalpark – neben den Donau-Auen waren dies der Spessart und die Rhön – sollten sogenannte Umweltbegegnungs- stätten entstehen. Landrat Rößle geht aber davon aus, dass eine solche im Raum Neuburg entstehen wird. „Davon haben wir touristisch nichts.“
Auch Alexander Helber, Kreisvorsitzender des Bund Naturschutz, zeigt sich enttäuscht über die Entscheidung: „Fachlich war die in meinen Augen nicht.“Denn im Ministerrat hatte Söder, so Helber, damals den Plänen zu einem dritten Nationalpark noch zugestimmt. „So ist das für mich ein Eigentor der Regierung“, sagt der BN-Kreisvorsitzende. Die Flinte ins Korn will er deswegen aber noch nicht werfen, ganz im Gegenteil. „Wir geben die Hoffnung noch nicht auf, wir sehen das Potenzial der Region und werden die Pläne zu einem Nationalpark weiter forcieren“, gibt er sich kämpferisch – und verweist auf den Nationalpark Bayerischer Wald. Bis der endlich diesen Status hatte, wäsensibilisiert ren auch einige Jahre ins Land gezogen und es hätte immer wieder Rückschläge gegeben. „Dass der Nationalpark bei uns dann nicht in knapp eineinhalb Jahren entsteht, ist klar“, sagt Helber. Seine Hoffnung zieht der Naturschützer auch daraus, dass sich in einer Umfrage, die der BN in Auftrag gegeben hatte, rund zwei Drittel der bayerischen Bevölkerung für die Einrichtung eines dritten Nationalparks im Freistaat ausgesprochen hatten. Durch die Diskussionen um die geplanten Flutpolder sehe Helber die Menschen in der Region in der Thematik Natur auch weiter, als das Parlament vielleicht meint.
Erfreut über die Entscheidung ist hingegen Karlheinz Götz, der Kreisobmann des Bayerischen Bauernverbandes (BBV). „Die Vernunft regiert endlich“, sagt er. „Der Auwald kann so bleiben, wie er ist.“Er sieht die Auwälder auch als schützenswert an, aber „sie sind nur so geworden, wie sie aktuell sind, weil sie auch dementsprechend bewirtschaftet wurden“, erklärt Götz. Mit einer neuen Regelung würde sich dort ein anderes Ökosystem entwickeln.
Bereits jetzt gebe es ja Auflagen durch die Einstufung als FFH-Gebiet, verweist auch Karlheinz Götz darauf. „Die bestehenden Lebensräume sollen verbessert werden, das passiert ja auch durch dieses Gesetz. Wir dürfen ja beispielsweise keine Biber abfangen“, erklärt der Bauernverband-Kreisobmann. Doch wie hätte sich das entwickelt, wenn der Nationalpark gekommen wäre?, stellt sich Götz die Frage. „Wie wäre dann mit den Bibern, den Wildschweinen oder auch den Anschwemmungen, die durch die Lechmündung anfallen, verfahren worden?“Mit Sicherheit seien nicht nur die Bauern, sondern auch die Jäger und Fischer im Landkreis mit der Entscheidung zufrieden, mutmaßt Götz. „Hoffentlich bleibt die Entscheidung auch stehen“, fügt er an.
Das bezweifelt Alois Schiegg. Bürgermeister der Gemeinde Marxheim, von Beginn an ein erklärter Gegner der NationalparkIdee. „Die Diskussion mag zwar momentan vom Tisch sein, auf immer und ewig ist sie das nicht.“Das Gemeindeoberhaupt sieht die Entscheidung des neuen Ministerpräsidenten als „durchaus positiv“. Denn die Entstehung des Nationalparks wäre für die Gebietskulisse und die Gemeinden nachteilig gewesen, weil zu kleinteilig. „Wenn Sie in Marxheim auf der Donaubrücke stehen, würden Sie schon aus dem Nationalpark hinaussehen“, sagt er. Zudem hätte es bei der Einrichtung des Nationalparks viele Privatleute negativ erwischt. Über die genauen Hintergründe dieser Entscheidung vermag Schiegg freilich nur spekulieren. Doch eine Rolle habe wohl auch die Flächenverteilung und -größe gespielt. „Im Gesetz heißt es, ein Nationalpark muss 10 000 Hektar groß sein. Das hätte hier nie geklappt“, sagt Schiegg.