Der Kampf für die Biene
Der Landkreis will mehr Menschen dazu bewegen, wieder Blühflächen anzulegen. Tapfheim hat die Relevanz erkannt. Denn ohne Bienen könnte es recht trostlos aussehen
Der Landkreis will mehr Menschen dazu bewegen, wieder Blühflächen anzulegen. Denn ohne Bienen könnte es trostlos aussehen. Mehr dazu auf »
Tapfheim/ Donauwörth Angefangen hat alles mit den Bienen, so scheint’s. Sie waren immer da, mit all den anderen summenden Tierchen – und im Sommer beim Eis, da nervten sie mitunter ziemlich. Aber sie waren so normal und gemeinhin ebenso unauffällig, dass man an ein Leben ohne sie schlichtweg nicht dachte. Doch jetzt gibt es ganz offenbar immer weniger solcher Insekten – und längst nicht nur die Naturschutzorganisationen schlagen Alarm. Die Biene und der Wille zu deren Erhalt hat es erstmals in einen Koalitionsvertrag geschafft. Die neue Landwirtschaftsministerin nannte sie gar „systemrelevant“. In der Region stehen Maja und ihre Kollegen schon seit Längerem auf der politischen Agenda. In Tapfheim beispielsweise macht Bürgermeister Karl Malz kräftig Werbung für das Insekt. Dahinter verbirgt sich weniger die Nostalgie, sondern vielmehr die Erkenntnis, dass es auch den kleinsten Teil der Schöpfung braucht, um sie im Großen zu erhalten. Also doch: systemrelevant.
Drei Hektar. Für einen Häuslebauer klingt das viel, für einen Landwirt nicht unbedingt. Karl Malz will sie beide gewinnen, um drei Hektar Blühflächen für die Bienen zu haben. Er habe erkannt, dass der Rückgang der Bienenkulturen bald massive Auswirkungen haben könnte. Und da sei jeder Quadratmeter wichtig. Die Bestäubung und damit letztlich das Vorhandensein regionaler Früchte, diese Mammutarbeit leiste seit jeher die kleine Biene. Immer fleißig, doch eben im Hintergrund. Malz sagt, wohl erst die mediale Präsenz habe in den vergangenen Jahren zu einem merklichen Umdenken geführt. Auch in der Politik und zuletzt bei immer mehr Bauern, wie er berichtet. Das Tapfheimer Blühflächen-Projekt soll nun kein Aktionismus sein, sondern ein freiwilliger Beitrag von Gartenbesitzern und Landwirten für das Bewahren des natürlichen Erbes.
Man müsse sich mit solchen Anliegen direkt an die Menschen wenden, ist sich Malz sicher. Gott sei Dank sei die Einsicht oft noch da. Vorher habe er vor allem von den Imkern vor Ort über die brenzlige Lage erfahren. Es musste etwas geschehen. Im Herbst hat der Tapfheimer Bürgermeister dann begonnen, Saatgut für infrage kommende Blühflächen zu bestellen. Die Bürger sollten sich dieses bei der Gemeinde kostenfrei abholen können, für die Gärten und Weiden. Mit jenen erwähnten drei Hektar sollte es beginnen – verteilt auf private Gärten und landwirtschaftliche Flä-
chen. Malz’ Aktion und ein Zeitungsartikel sorgten indes für reges Interesse: Binnen kürzester Zeit liegt man nun bei sechs Hektar, auf denen für die Biene und andere Insekten ausgesät wird. Vom Kleingärtner, der fünf bis zehn Quadratmeter zur Verfügung stellen kann, bis hin zum Bauern, der auf 2000 Quadratmetern aussät – jeder solle und könne etwas beitragen.
Diese private Mitwirkung sei in der Tat notwendig, erklärt Alfred Hofmann aus Schäfstall, Vorsitzender des Imkervereins Donauwörth. In den vergangenen dreißig Jahren sei die Zahl der Insekten in Bayern um bis zu 80 Prozent zurückgegangen. Grund hierfür sei neben einer zu sehr auf Monokulturen bauenden industriellen Landwirtschaft mit einem hohen Einsatz von Pflanzenschutzmitteln auch der Garten vor der eigenen Haustüre: „Die Menschen wollen es heutzutage zu bequem, deshalb gibt es jene nicht arbeitsintensiven, eintönigen Gär-
ten.“War früher der Apfelbaum ebenso üblich wie blühende Blumen auf der Wiese drumherum, so rollt heute all zu oft der Rasenroboter, um das britische Golf-Grün in der Reihenhaussiedlung tagtäglich zu stutzen.
Eine große Artenvielfalt, wie es sie eigentlich bräuchte, habe man in der Region vielleicht in den 1950erund 1960er-Jahren noch gehabt, sagt Hofmann: „Vor allem in den Hochsommermonaten blüht bei uns mittlerweile einfach zu wenig.“Doch weder Hofmann noch Malz wollen schwarzsehen, oder gar, wie es der Imker ausdrückt, „die Landwirtschaft verteufeln“: Zahlreiche Bauern säen mittlerweile aus, die Bereitschaft insgesamt steige kontinuierlich in der Gemeinde, sagt Malz. Man müsse eben reden, immer wieder „Werbung machen“.
Das will auch Paul Buß. Er ist Kreisfachberater für Landespflege am Landratsamt in Donauwörth. Hier wurde die Aktion „Unser
Landkreis blüht auf“initiiert. 7500 kleine Päckchen Saatgut seien dabei kostenfrei ausgegeben worden, sie seien binnen kürzester Zeit weggewesen, berichtet Buß. Bei den Mischungen gebe die Behörde auch solche heraus, mit der die Biene „das ganze Jahr über rundum versorgt ist“. Freilich seien solche Aktionen der berühmte „Tropfen auf den heißen Stein“– allemal besser allerdings als jener, der das Fass zum Überlaufen brächte. Auch hier gilt: Man setzt auf Freiwilligkeit, auf Sensibilisierung, letztlich auf Einsicht. Per Dekret könne und wolle man keine Blühflächen für die Bienen durchpeitschen.
Doch der „Wandel“, er sei spürbar, sagt Kreisfachberater Buß: „Viele Menschen haben kapiert, dass es kurz vor zwölf ist.“Und so werden sowohl Paul Buß’ Behörde als auch Karl Malz in Tapfheim ihren Kampf für mehr Blühwiesen fortsetzen. Die Biene ist eben keine Eintagsfliege. » Kommentar