Wo die äußerst seltene Mopsfledermaus eine Heimat gefunden hat
In einem Wald im Landkreis Günzburg wurde die Mopsfledermaus entdeckt. Wie Naturschutz und Forst jetzt die Zukunft dieser besonderen Art sichern wollen
Edelstetten Es war ein Zufallsfund: Weil es Sondierungen für den Bau einer Windkraftanlage gab, führte ein Fachbüro im Wald bei Edelstetten im Landkreis Günzburg eine biologische Untersuchung durch. Insbesondere sollte auch nach Fledermäusen gesucht werden. Und das mit sensationellem Erfolg. Die Spezialisten fanden die Mopsfledermaus, eine sehr seltene und europaweit geschützte Art.
Aus der Windkraftanlage wurde nichts. In Zusammenarbeit mit dem Waldunternehmen Bayerische Staatsforsten wurde die Mopsfledermaus nun in das „BiodiversitätsProgramm 2030“des Umweltministeriums aufgenommen, das in diesem Jahr sein zehntes Jubiläum feiert.
Das Fachbüro hatte an potenziellen Flugschneisen feinmaschige Netze gespannt. In fünf Nächten wurden drei Tiere gefangen, sagt Annika Sezi, Biodiversitätsbeauftragte der Regierung von Schwaben in Augsburg. Die etwa sieben Gramm leichten Weibchen, die offensichtlich Junge säugten, wurden mit Mini-Sendern ausgestattet. Batterie und Antenne wiegen alles in allem 0,5 Gramm. Diese wurden mit
Mini Sender führten zur „Wochenstube“
einem Hautkleber am Rücken der Tiere angebracht und fielen nach einigen Tagen ab. Mithilfe der sogenannten Telemetrie war es den Experten möglich, die „Wochenstube“der Fledermäuse zu finden. Sie ist im Stamm einer Buche, in einem Spalt auf etwa sechs Metern Höhe. Der Baum war vor wenigen Jahren bei einem Sturm geköpft worden. Jetzt steht er als absterbender Biotopbaum ohne Krone in einem naturnahen Mischwald, sagt Volker Fiedler, Chef des zuständigen Forstbetriebs Weißenhorn.
Der Fledermaus-Experte Alois Liegl, Leiter Naturschutz bei der Regierung, ist begeistert von dem Fund. Denn in Schwaben ist diese Art ganz selten. Bekannt ist ein Vorkommen unter anderem in einer Kirche bei Waldreichenbach im „Roggenburger Forst“. Er hatte einmal ein Tier in der Hand: „Es hat ein ganz samtenes Fell“, sagt der Biologe. Und natürlich eine platte Nase, wie der Name verrät. Im „Roggenburger Forst“(Bereich des Forstbetriebs Weißenhorn) sind im Übrigen zehn Fledermaus-Arten nachgewiesen – unter anderem die Bechstein- und die Wasserfledermaus, der Kleine und Große Abendsegler sowie das Braune Langohr.
Liegl ist froh, dass der Wald, in
die Mopsfledermaus gefunden wurde, den Bayerischen Staatsforsten gehört. Das erleichtere die Zusammenarbeit. Das Waldunternehmen hat sich nämlich ein ehrgeiziges Naturschutzkonzept gegeben, das es weiter ausbauen wird. Dazu kommt: Die bayerische Staatsregierung stellte unlängst für das Projekt „Der Wald blüht auf“1,5 Millionen Euro bereit. Damit sollen Wiesen mit heimischen Saatgut angelegt werden und auch Sträucher an Waldrändern. Es ist als Beitrag gedacht, das Insektensterben zu stoppen, sagt Förster Fiedler.
Ein ökologisches Planungsbüro hat zusammen mit dem Forst und der Naturschutzverwaltung Maßnahmen erarbeitet, wie das Überle-
ben der Mopsfledermäuse bei Edelstetten gesichert werden könnte. Denn seltsamerweise bleiben die Tiere während der Aufzucht in diesem einen Baum, ohne das Quartier – wie üblich – zu wechseln. Die geköpfte Buche wird aber mit den Jahren zusammenbrechen. Bis dahin muss es andere Lebensräume für die kleinen nachtaktiven Säugetiere geben. Forst und Naturschutz haben sich deshalb darauf verständigt, in dem Waldstück mehrere Schutzbereiche auszuweisen. Dort sollen betagte Laubbäume „geköpft“werden, entweder maschinell von einem Harvester oder von einem Baumkletterer. Diese Art einer Simulation eines Sturms ist gedacht als Angebot an die Fledermäuse wie auch Nistdem
kästen an Bäumen. In zwei oder drei Jahren wird es im Auftrag der Regierung von Schwaben eine Nachuntersuchung mit Netzen und Fangversuchen geben. Die staatlichen Naturschützer wollen auch mit Privatwaldbesitzern in der Nachbarschaft der Staatsforsten Kontakt aufnehmen und sondieren, ob sie sich am Fledermaus-Schutz beteiligen.
Das Waldunternehmen und der behördliche Naturschutz arbeiten in Schwaben inzwischen bei mehreren Artenschutz-Projekten zusammen: Da geht es beispielsweise um das Wald-Wiesenvögelchen, den Geldringfalter und die Totholzkäfer in den Tobelwäldern im Landkreis Lindau.