Donauwoerther Zeitung

Was Einbrecher sonst noch alles anrichten

Betroffene schildern, wie nach dem Ausgleich des materielle­n Schadens eben nicht „alles vorbei“ist. Eine Frau hat Angst, wenn sie die Tür aufsperrt. Eine andere bringt den Schmuck zur Bank

- VON PETER RICHTER

Betroffene schildern vor Gericht, wie nach dem Ausgleich des materielle­n Schadens eben nicht alles vorbei ist. Mehr auf

Donauwörth/Augsburg Betroffene haben, wenn bei ihnen eingebroch­en worden ist, oft mehr mit den psychische­n als den materielle­n Folgen zu kämpfen. Es ist dieses Eindringen von Fremden in die Privatsphä­re, dieses Gefühl, es könnte jederzeit wieder passieren, das den Betroffene­n zu schaffen macht. Ein besonders anschaulic­hes Beispiel lieferte ein Prozess vor dem Augsburger Amtsgerich­t. Zwei Männer, 31 und 23 Jahre alt, saßen wegen 13 verübter Einbrüche im Großraum Augsburg, Donauwörth und in Krumbach auf der Anklageban­k. Beide wurden zu Haftstrafe­n verurteilt.

Was diesem Ehepaar passiert ist, mögen sich viele Menschen lieber nicht vorstellen: Als das Ehepaar am Samstagabe­nd von einer Feier nach Hause kommt und die Eingangstü­r aufsperrt, schlägt den beiden Eiseskälte entgegen. Kein Wunder, es ist Januar. Einbrecher hatten ihre Terrassent­ür aufgehebel­t und offen stehen gelassen. „Alles war durch- Schränke standen offen, Schubladen waren ausgekippt, das Bettzeug zerzaust. Im Bad lagen im Waschbecke­n noch Reste von meinem Schmuck. Im Wohnzimmer hing ein Bild schief.“Auch über ein Jahr später erinnert sich die Zeugin im Gerichtssa­al noch an jedes Detail. Man merkt ihr an: Das Geschehene hat sich tief ins Gedächtnis eingebrann­t. „Ich habe gedacht“, sagte die 68-Jährige, „ich putz’ morgen mein Haus raus und alles ist vorbei.“Ein Irrtum, wie sich herausstel­len sollte: „Die Angst ist gewachsen.“Das Ehepaar hat inzwischen einen fünfstelli­gen Betrag investiert, um sein Haus mit Elektronik und Sicherheit­sglas an den Fenstern einbruchsi­cher zu machen. Mit Geld, das die Versicheru­ng für den Einbruchsc­haden erstattet hat. Dennoch fühlt sich die Frau in ihrem Haus noch immer nicht sicher. „In dem Moment, wo ich die Haustüre aufsperre, fürchte ich mich.“Die Freude an ihrem schönen Eigenheim ist ihr vergangen.

Einer anderen Zeugin geht es heute ähnlich. Sie und ihr Mann, so erfährt das Gericht, haben sich nach dem Einbruch einen Hund angeschaff­t. Ihren Schmuck verwahrt die Frau seither in einem Schließfac­h bei der Bank. Wenn sie ihn anlegen will, geht sie vorher dorthin.

Andere Geschädigt­e äußerten sich vor Gericht gelassener. Der Einbruch sei ärgerlich gewesen, meinte ein Zeuge, mehr aber nicht.

Die Angeklagte­n, ein Rumäne und ein Albaner, haben vor Gericht die Einbrüche gestanden. Mangels berufliche­r Perspektiv­en hatten beide ihre Heimat verlassen, sich mit legalen und illegalen Jobs durchgesch­lagen. Robert M., ein Abiturient, war mit Reiseziel England in Spanien gestrandet. Anders Laurentiu G. Der ausgebilde­te Kirchen- und Ikonenmale­r war seiner Lebensgefä­hrtin nach Augsburg gefolgt, wo deren Mutter schon länger lebt. Der 31-Jährige ist, als er schon in U-Haft saß, Vater einer schwer körperbehi­nderten Tochter geworden.

Im Januar 2017 hatten die Angeklagte­n ihre Einbruchst­our gestartet, der Jüngere war erst tags zuvor aus Spanien angereist. Die Einbrewühl­t, cher interessie­rten sich nur für Goldschmuc­k. Nach jedem „Bruch“teilten die Täter – einer ist noch flüchtig – die Beute unter sich auf. Sie zerschnitt­en Goldketten und Ringe, um das Gold dann problemlos in Augsburg an einen Händler zu verkaufen. Alle geraubten Schmuckstü­cke sind daher unwiederbr­inglich verloren.

Was auch Richter Roland Fink im Urteil den Angeklagte­n anlastete. Das Gericht verhängte Haftstrafe­n, die mit zwei Jahren und vier Monaten vergleichs­weise milde ausgefalle­n sind. Denn die Angeklagte­n, die schon länger in U-Haft sitzen, haben nach Erkenntnis­sen von Polizei und Staatsanwa­ltschaft 13 Wohnungsei­nbrüche verübt. Der Schaden liegt bei 20000 Euro. Das Gericht verurteilt­e sie aber nur für fünf Einbrüche. Denn zu Prozessbeg­inn hatten die Angeklagte­n über ihre Verteidige­r Hansjörg Schmid und Roland Antennein einen Deal für ein umfassende­s, den Prozess verkürzend­es Geständnis ausgehande­lt. Das Gericht stellte daher acht weniger schwerwieg­ende Fälle vorläufig ein.

 ?? Archivfoto: Florian Eisele ?? Oft sind die Täter nur wenige Minuten im Gebäude und stehlen, was sich schnell finden und abtranspor­tieren lässt. Für die Betroffene­n ist es hingegen eine belastende Erfahrung, die sie teils sehr lange mit sich herumtrage­n.
Archivfoto: Florian Eisele Oft sind die Täter nur wenige Minuten im Gebäude und stehlen, was sich schnell finden und abtranspor­tieren lässt. Für die Betroffene­n ist es hingegen eine belastende Erfahrung, die sie teils sehr lange mit sich herumtrage­n.

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