Gut? Nein, mangelhaft!
Zum Interview mit Juli Zeh „Unserem Land geht es hervorragend“(Feuille ton) vom 19. Mai:
Deutschland gehe es hervorragend und in der Regierung werde gut gearbeitet, meint Juli Zeh, die ich als Schriftstellerin sehr schätze. Hier blendet sie aber offensichtlich wesentliche Teile der Wirklichkeit aus. Nicht allen Menschen geht es hervorragend oder auch nur erträglich. Viele halten sich mit aufreibenden prekären Beschäftigungen mühsam über Wasser und müssen befürchten, im Alter richtig arm zu sein. Dies auch deshalb, weil man diese Jobs nur begrenzte Zeit durchhält. Relativ wenige Rentner sind heute schon arm, vor allem Frauen, die schlecht oder gar nicht bezahlte Arbeit (für die Familie) hatten. Zählen die nicht? Der Pflegenotstand wird seit Jahren beklagt. Jetzt wurden hier einige Stellen geschaffen, die Mehrkosten aber voll auf die Pflegebedürftigen abgewälzt mit der Konsequenz, dass die schon auch mal 18 Prozent mehr zahlen.
Aber die „Schwarze Null“wurde ja vom neuen Finanzminister in nahtloser Fortführung der Politik seines Vorgängers für unantastbar erklärt. Der Staat zieht sich auch unter dieser Regierung in elementaren Bereichen immer mehr zurück und baut bei Lappalien einen unsäglichen Bürokratismus zulasten seiner Bürger auf. Die Klimaschutzziele werden gecancelt, der Kohleausstieg verschleppt und der Atomausstieg nicht so schnell umgesetzt, wie es möglich wäre. Gut gearbeitet? Nein, mangelhaft!
Dr. Eduard Belotti, Augsburg