Die Frage der Woche Jagd auf Ferientrickser?
Wie wär’s künftig damit, dass man Eltern nur noch ermunternd nahelegt, ihre Kinder in die Schule zu schicken – und nur an Tagen, an denen es ihnen auch in ihren Wochen- und Freizeitplan passt? Und wie wär’s, wenn die Eltern dann auch den Kindern nur noch befürwortend vorschlagen, zur Schule zu gehen – an Tagen zumindest, an denen sie nichts Besseres vorhaben? Das kann doch nun nicht ernst gemeint sein? Und das meinen doch die auch nicht, die ihre Kinder schwänzen lassen, um besser und günstiger in den Familienurlaub starten zu können? Es geht doch bloß um den einen oder anderen, kurz vor Ferienbeginn ohnehin nicht mehr inhaltsprallen Tag?
Mag ja sein. Aber das ändert nichts daran, dass die Schulpflicht so zu einer individuell auslegbaren Regel aufgeweicht wird – geweitet über offiziell ja bereits jetzt mögliche und nicht sehr restriktiv gehandhabte, aber auf Wichtiges begrenzte Ausnahmen hinaus. Und was wäre das für ein Signal an die Kinder! In einer Zeit, in der Lippenbekenntnisse die Bedeutung der Schule hervorheben! Wo doch ohnehin die gemeinschaftlichen Pflichten gegenüber individueller Freiheit ins Hintertreffen geraten! Ein Dammbruch. Fatal. Das muss verhindert, dagegen muss vorgegangen werden.
Und wer sich aufregt, dass die Stichproben der Polizei zu teuer seien, weil: aufgewendete Beamten-Stunden teurer als Bußgeld-Einkünfte oder so; und wer meint, das Vorgehen sei unverhältnismäßig, dem sei entgegnet: Wer soll sonst für Verfolgung und Abschreckungswirkung zuständig sein? Schulen oder Schulämter? Als ginge das, als wirke das! Nein, hier muss exemplarisch und symbolisch für den Respekt und die Einhaltung eines Gesetzes gesorgt werden. Mit Polizei. Ziemlich hart? Genau.
Man könnte fast meinen, die bayerische Polizei habe zu wenig zu tun, wenn sie Zeit hat, vor den Ferien Schulschwänzer an Flughäfen aufzulauern. Diese Aktion war vollkommen überzogen. Als sei die Schulpflicht in akuter Gefahr, weil ein paar Eltern ihre Kinder ein oder zwei Tage früher in die Ferien entführen. Kommt die Polizei demnächst etwa auch, wenn mal wieder Unterricht ausfällt, weil es zu wenig Lehrer gibt und das Recht der Kinder auf Bildung verletzt wird?
Die Schulpflicht ist ein wichtiges Gut, selbstverständlich. Ebenso: Dass der Staat ein Auge darauf hat, dass sie eingehalten wird. Schließlich ermöglicht sie den Kindern und Jugendlichen ein Recht auf Bildung. Das wissen die allermeisten Eltern in Deutschland und halten sich die allermeiste Zeit auch daran – übrigens auch die, die früher in den Urlaub fahren. Mithilfe der Polizei Ferientrickser zu jagen, ist aber weder hilfreich noch abschreckend. An den Flughäfen werden nur „Täter“in homöopathischen Mengen erwischt. Und was ist mit den Familien, die mit dem Auto oder der Bahn verreisen? Zudem wissen die Schulleitungen, wo ihre Pappenheimer sitzen, die unentschuldigt fehlen – die können auch direkt abgemahnt werden. Dazu braucht es keine Polizei.
Und warum eigentlich die ganze Aufregung? Ein oder zwei Tage vor den Ferien dürfen Eltern doch auch einmal fünfe gerade sein lassen, ohne dass die Bildung ihres Kindes in Gefahr ist oder sie gleich als schlechte Vorbilder gelten. Wie jeder (Ex-)Schüler weiß, passiert an diesen Tagen ohnehin nichts mehr im Unterricht. Wichtiger Stoff wird also nicht verpasst. Außerdem: Wer früher in den Urlaub fährt und so die Wucherpreise der Reisebranche umgeht, der kann seinem Kind womöglich noch ganz andere Horizonte öffnen.