Ohne altes Handwerk geht es nicht
Holzrücker Jochen Bacher kommt dann mit seinen Pferden, wenn Maschinen keinen Weg finden
Donauwörth Riedlingen Um 4 Uhr in der Früh aufstehen, dreieinhalb Stunden arbeiten, eine längere Pause einlegen und noch einmal dreieinhalb Stunden malochen. So schaut das Programm von Holzrücker Jochen Bacher aus, das er mit seinen beiden Pferden und mit tatkräftiger Hilfe seiner Frau Sina in Riedlingen absolviert. Der Mann vom Käsbühlhof aus dem württembergischen Weissach im Tal, kommt mit seinem Team, das aus insgesamt neun einsatzfähigen Pferden und drei Mitarbeitern besteht, immer dann zum Einsatz, wenn es für Maschinen schwer wird oder wenn diese gar nicht erst eingesetzt werden dürfen. So auch am Gelände nahe der Bahntrasse bei Riedlingen, wo an einem Steilhang die Resultate der Unwetterschäden, wie herumliegende Äste und beschädigte Bäume den Bahnverkehr gefährden.
„Ein Vorteil unserer Arbeit für unseren Auftraggeber ist es sicherlich, dass der Bahnverkehr einfach weiterlaufen kann“, informiert Bacher. Denn mit seinen Pferden zieht er die Baumstämme und Baumreste lediglich schräg den Hang entlang und legt sie dann parallel ans Gleis. Von einem Spezialzug werden diese dann nachts aufgenommen und in das Bahnbetriebswerk transportiert. So kann vermieden werden, dass stundenlang Gleise blockiert werden.
Als plötzlich ein Zug vorbeifährt, bleiben die beiden Vierbeiner, die heute im Einsatz sind, erstaunlich ruhig stehen und fahren mit ihrer Arbeit fort, nachdem der Zug vorbeigefahren ist.
„Sie sind darauf geschult, in solchen Momenten ruhig zu bleiben. Die Pferde müssen merken, dass für sie keine Gefahr besteht und eine Grundlage ihrer Ausbildung ist auch, dass sie uns Menschen da vertrauen können“, erklärt der Holzrücker. Schließlich sollen sie während Fällarbeiten auch nicht von den Geräuschen der Motorsägen oder denen von fallenden Bäumen erschreckt werden.
Es ist eindrucksvoll zu sehen, wie gelassen und gewissenhaft die Pferde zusammen mit Jochen Bacher und seiner Frau Sina ihre Arbeit erledigen. Dass hier ein hohes gegenseitiges Vertrauen und eine große Dynamik zwischen Mensch und Tier herrscht, ist zudem beeindruckend. Die Vorteile der eingesetzten Tiere werden auch deutlich, als die kräftigen und dennoch wendigen Vierbeiner gekonnt Kurven am Steilhang laufen und sehr geschickt um Hindernisse herumkommen. Über Wurzeln, Äste und Reisig, vorbei an Büschen und Steinen werden so die Baumstämme von den beiden Pferden zur Seite geräumt.
Gegen 15 Uhr ist dann die Arbeit getan, liebevoll werden die Pferde versorgt und gepflegt. Die Tiere dürfen erst einmal grasen und viel trinken.
Ein 200-Liter-Tank im Pferdetransporter der Bachers stellt genügend Wasser zur Verfügung, um für die beiden Pferde genügend Wasser parat zu halten. Aber auch Jochen und Sina Bacher ist die harte Arbeit anzusehen.
„Bei den heißen Temperaturen merkt man schon, was man gemacht hat. Da ist das Klima im Februar oder März schon um einiges angenehmer“, sagt er, während er sich auf den Sitz seines Fahrzeugs setzt und einen kräftigen Schluck aus seiner Flasche nimmt.
Es war der erste von drei Tagen in Riedlingen, über Nacht haben die Pferde sowie die Bachers ihre Bleibe auf der Hagenmühle beim Reitverein Mertingen, um sich gut für den kommenden Tag ausruhen zu können. Dass die Deutsche Bahn die Holzrücker engagiert hat, ist laut Jochen Bacher ein Pilotprojekt, das aber sehr innovativ sei. Klar, der Energieverbrauch von Maschinen, deren Treibstoffausstoß und die aufwendige Arbeit im Steilhang und meist sogar auf den Gleisen, bleiben bei diesen Arbeiten erspart. Außerdem können die Baumstämme noch als Brennholz verkauft und müssen nicht maschinell aufwendig von Hand durch einen Häcksler gejagt werden.
Viele Menschen glauben, dass das Holzrücken mit dem Pferd einer vergangenen Zeit angehört, an Bachers
Diese Arbeit ist kein Relikt der Vergangenheit
Beispiel sieht man jedoch, wie wichtig es in der heutigen Zeit immer noch ist, dass Mensch und Pferd solche Aufgaben übernehmen. Auch hat diese Tätigkeit zuletzt wieder mehr mediale Präsenz genossen: Beim Fernsehsender
hatte Bacher im letzten Jahr einen Gastauftritt in der Sendung „Die Abholzer“.
Der Betrieb des Ehepaars beruht aber nicht nur auf den Holzfäll- und Holzrückearbeiten. Auch Landschaftspflege, Erd- und Wegebau sowie Fahrten mit Kutschen für Hochzeiten und Planwagen für Ausflügler gehören dazu. Dabei führen die Wege des Schwaben auch öfter mal zum Holzrücken in den Würzburger Kreis.
Im Bereich der Gleisstrecke bei Riedlingen kann die Bahn nun wieder, dank der bemerkenswerten Arbeit, welche das Ehepaar Bacher zusammen mit seinen Pferden geleistet hat, gefahrenlos ihren Betrieb weiterlaufen lassen.