Donauwoerther Zeitung

Ohne altes Handwerk geht es nicht

Holzrücker Jochen Bacher kommt dann mit seinen Pferden, wenn Maschinen keinen Weg finden

- VON FABIAN KAPFER DMAX

Donauwörth Riedlingen Um 4 Uhr in der Früh aufstehen, dreieinhal­b Stunden arbeiten, eine längere Pause einlegen und noch einmal dreieinhal­b Stunden malochen. So schaut das Programm von Holzrücker Jochen Bacher aus, das er mit seinen beiden Pferden und mit tatkräftig­er Hilfe seiner Frau Sina in Riedlingen absolviert. Der Mann vom Käsbühlhof aus dem württember­gischen Weissach im Tal, kommt mit seinem Team, das aus insgesamt neun einsatzfäh­igen Pferden und drei Mitarbeite­rn besteht, immer dann zum Einsatz, wenn es für Maschinen schwer wird oder wenn diese gar nicht erst eingesetzt werden dürfen. So auch am Gelände nahe der Bahntrasse bei Riedlingen, wo an einem Steilhang die Resultate der Unwettersc­häden, wie herumliege­nde Äste und beschädigt­e Bäume den Bahnverkeh­r gefährden.

„Ein Vorteil unserer Arbeit für unseren Auftraggeb­er ist es sicherlich, dass der Bahnverkeh­r einfach weiterlauf­en kann“, informiert Bacher. Denn mit seinen Pferden zieht er die Baumstämme und Baumreste lediglich schräg den Hang entlang und legt sie dann parallel ans Gleis. Von einem Spezialzug werden diese dann nachts aufgenomme­n und in das Bahnbetrie­bswerk transporti­ert. So kann vermieden werden, dass stundenlan­g Gleise blockiert werden.

Als plötzlich ein Zug vorbeifähr­t, bleiben die beiden Vierbeiner, die heute im Einsatz sind, erstaunlic­h ruhig stehen und fahren mit ihrer Arbeit fort, nachdem der Zug vorbeigefa­hren ist.

„Sie sind darauf geschult, in solchen Momenten ruhig zu bleiben. Die Pferde müssen merken, dass für sie keine Gefahr besteht und eine Grundlage ihrer Ausbildung ist auch, dass sie uns Menschen da vertrauen können“, erklärt der Holzrücker. Schließlic­h sollen sie während Fällarbeit­en auch nicht von den Geräuschen der Motorsägen oder denen von fallenden Bäumen erschreckt werden.

Es ist eindrucksv­oll zu sehen, wie gelassen und gewissenha­ft die Pferde zusammen mit Jochen Bacher und seiner Frau Sina ihre Arbeit erledigen. Dass hier ein hohes gegenseiti­ges Vertrauen und eine große Dynamik zwischen Mensch und Tier herrscht, ist zudem beeindruck­end. Die Vorteile der eingesetzt­en Tiere werden auch deutlich, als die kräftigen und dennoch wendigen Vierbeiner gekonnt Kurven am Steilhang laufen und sehr geschickt um Hinderniss­e herumkomme­n. Über Wurzeln, Äste und Reisig, vorbei an Büschen und Steinen werden so die Baumstämme von den beiden Pferden zur Seite geräumt.

Gegen 15 Uhr ist dann die Arbeit getan, liebevoll werden die Pferde versorgt und gepflegt. Die Tiere dürfen erst einmal grasen und viel trinken.

Ein 200-Liter-Tank im Pferdetran­sporter der Bachers stellt genügend Wasser zur Verfügung, um für die beiden Pferde genügend Wasser parat zu halten. Aber auch Jochen und Sina Bacher ist die harte Arbeit anzusehen.

„Bei den heißen Temperatur­en merkt man schon, was man gemacht hat. Da ist das Klima im Februar oder März schon um einiges angenehmer“, sagt er, während er sich auf den Sitz seines Fahrzeugs setzt und einen kräftigen Schluck aus seiner Flasche nimmt.

Es war der erste von drei Tagen in Riedlingen, über Nacht haben die Pferde sowie die Bachers ihre Bleibe auf der Hagenmühle beim Reitverein Mertingen, um sich gut für den kommenden Tag ausruhen zu können. Dass die Deutsche Bahn die Holzrücker engagiert hat, ist laut Jochen Bacher ein Pilotproje­kt, das aber sehr innovativ sei. Klar, der Energiever­brauch von Maschinen, deren Treibstoff­ausstoß und die aufwendige Arbeit im Steilhang und meist sogar auf den Gleisen, bleiben bei diesen Arbeiten erspart. Außerdem können die Baumstämme noch als Brennholz verkauft und müssen nicht maschinell aufwendig von Hand durch einen Häcksler gejagt werden.

Viele Menschen glauben, dass das Holzrücken mit dem Pferd einer vergangene­n Zeit angehört, an Bachers

Diese Arbeit ist kein Relikt der Vergangenh­eit

Beispiel sieht man jedoch, wie wichtig es in der heutigen Zeit immer noch ist, dass Mensch und Pferd solche Aufgaben übernehmen. Auch hat diese Tätigkeit zuletzt wieder mehr mediale Präsenz genossen: Beim Fernsehsen­der

hatte Bacher im letzten Jahr einen Gastauftri­tt in der Sendung „Die Abholzer“.

Der Betrieb des Ehepaars beruht aber nicht nur auf den Holzfäll- und Holzrückea­rbeiten. Auch Landschaft­spflege, Erd- und Wegebau sowie Fahrten mit Kutschen für Hochzeiten und Planwagen für Ausflügler gehören dazu. Dabei führen die Wege des Schwaben auch öfter mal zum Holzrücken in den Würzburger Kreis.

Im Bereich der Gleisstrec­ke bei Riedlingen kann die Bahn nun wieder, dank der bemerkensw­erten Arbeit, welche das Ehepaar Bacher zusammen mit seinen Pferden geleistet hat, gefahrenlo­s ihren Betrieb weiterlauf­en lassen.

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Foto: Fabian Kapfer Die schwere Arbeit des Holzrücker­s Jochen Bacher bei Riedlingen sieht aus wie aus einer vergangene­n Zeit – sie ist heute so wich tig wie früher. Maschinen haben hier oftmals keine Chance.

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