Warum gibt’s vier Nationalteams in Großbritannien?
Mario hat sie gestellt, wir haben eine Antwort für ihn gefunden
Jede Woche stellen uns Capito-Leser kniffelige Fragen, wir Redakteure versuchen, Antworten darauf zu finden. Heute fragt Mario: Warum hat Großbritannien vier Fußballteams, die bei einer Weltmeisterschaft antreten können?
Hallo Mario, du hast recht: Großbritannien schickt selbst keine Mannschaft zur Weltmeisterschaft. Stattdessen versuchen es immer vier Teams aus dem Land, sich für die Weltmeisterschaft oder die Europameisterschaft zu qualifizieren.
Das sind England, Schottland, Nordirland und Wales. Zusammen ergeben sie das Vereinigte Königreich oder eben Großbritannien.
Bei der WM, die gestern in Russland begonnen hat, ist nur England dabei. Die Mannschaft muss in ihrer Gruppe gegen Belgien, Costa Rica und Tunesien spielen. Die anderen drei Teams haben es nicht geschafft, sich für die Weltmeisterschaft zu qualifizieren.
Bei der Europameisterschaft vor zwei Jahren in Frankreich war das noch anders: Damals waren England, Wales und Nordirland dabei. Nur die Schotten mussten zusehen, weil sie nicht qualifiziert waren.
Aber warum ist das so? Wahrscheinlich deshalb, weil Engländer, Schotten, Waliser und Nordiren stolz auf ihre Mannschaften sind – auch wenn sie nicht immer gut spielen. Außerdem mögen sie es, ihre Nachbarn auf die Schippe zu nehmen und zu ärgern. Früher gab es sogar Kriege zwischen den Teilen Großbritanniens. Das ist zum Glück längst vorbei, aber die Rivalität ist geblieben. Trotzdem haben alle vier Teile Großbritanniens eigene Fußballverbände. Das ist eine Ausnahme, die sonst kein Land der Welt hat. In Deutschland wäre das ungefähr so, als ob Bayern, Baden-Württemberg und andere Bundesländer eigene Fußballverbände hätten. Dass diese Ausnahme erlaubt ist, könnte daran liegen, dass Großbritannien als das Land gilt, in dem der Fußball erfunden wurde. 1848 entstand in der Stadt Cambridge ein erstes einheitliches Regelwerk. 1857 wurde der erste Fußballklub der Welt, der Sheffield F. C., gegründet. Im Jahr 1863 folgte in London der englische Fußballverband. Das internationale Regelkomitee, das bis heute darüber entscheidet, welche Fußballregeln gelten, wurde 1892 von den vier britischen Fußballverbänden ins Leben gerufen. Und noch heute sind vier der acht Mitglieder des mächtigen Gremiums Briten. Ein Heimvorteil also.
Bei den Olympischen Spielen gilt diese Ausnahme übrigens nicht. Hier muss Großbritannien als eigenes Land antreten. Das war zuletzt bei Olympia 2012 in London so: Damals traten Spieler aus allen vier Teilen des Vereinigten Königreichs als „Team GB“an. GB steht für Great Britain – Großbritannien. Es war eine einmalige Ausnahme, weil das Land der Ausrichter von Olympia 2012 war. Seit 1976 verzichtet Großbritannien sogar ganz darauf, mit einer Fußballmannschaft bei Olympia anzutreten. Florian Eisele, Sportredaktion