Donauwoerther Zeitung

„Das ist Tierquäler­ei im höchsten Maße“

An der Bertoldshe­imer Staustufe musste wegen Untersuchu­ngen für die neue Brücke der Wasserpege­l gesenkt werden. Daraufhin beklagen Fischer und Fischrecht­ler massives Fischsterb­en auch bei Marxheim und erstatten Anzeige

- VON CLAUDIA STEGMANN

Marxheim/Rennertsho­fen Brunhilde Bauch traute ihren Augen nicht: Als die Schriftfüh­rerin der Koppelfisc­hereigemei­nschaft aus Marxheim am Donnerstag­abend am Bergwasser stand, einem Seitenarm der Donau zwischen Marxheim und Lechsend, offenbarte sich ihr ein Bild, das sie bis dato so noch nicht an dieser Stelle gesehen hat. Wo das Wasser sonst um die 1,50 bis zwei Meter hoch steht, gab es nicht mehr als ein schmales Rinnsal. „Ich war entsetzt“, erzählt sie. Doch viel schlimmer für sie war das, was unter den zutage gekommenen Wasserpfla­nzen versteckt lag: verendete Jungfische. „Es müssen Tausende sein“, vermutet Brunhilde Bauch. Josef Hubauer, Vorsitzend­er der Interessen­gemeinscha­ft Donaufisch­er, geht sogar noch weiter und spricht von mutmaßlich Hunderttau­senden toter Fische.

Der Grund für das massenhaft­e Tiersterbe­n liegt nach Ansicht der Fischer daran, dass der Donaupegel wegen der aktuellen Untersuchu­ngen für die neue Donaubrück­e bei Bertoldshe­im zu schnell abgesenkt worden sei. Seit Mittwoch vergangene­r Woche werden im Stausee vor der Donaubrück­e Probebohru­ngen durchgefüh­rt, um den Untergrund und damit die Standhafti­gkeit für die Pfeiler bestimmen zu können. Zu diesem Zweck mussten 1,50 Meter Wasser abgelassen werden – was noch mindestens eine Woche lang so bleibt. Für die Notwendigk­eit dieser Maßnahme hat Brunhilde Bauch durchaus Verständni­s, nicht aber für die Vorgehensw­eise. Denn wie sie sagt, hätte das Wasser aus dem Stausee „ganz langsam über drei bis vier Tage hinweg“gesenkt werden müssen, damit alle Fische, Muscheln und andere Lebewesen genügend Zeit haben, zu „flüchten“. Dies sei aber nicht passiert, weil – und das ist der zweite Vorwurf an die Verantwort­lichen – niemand mit den Fischern über das Vorhaben gesprochen habe. Auch Bürgermeis­ter Alois Schiegg sei nicht informiert worden. „Hätte man mit uns gesprochen, hätten wir darauf hinweisen können“, sagt die Marxheimer­in verärgert.

Der Schaden, der durch das unsachgemä­ße Vorgehen entstanden ist, sei immens. „Jetzt ist Laichzeit, das bedeutet, dass eine ganze Brut vernichtet ist. Das ist ein Schaden über Jahre hinweg“, beklagt Brunhilde Bauch. Tausende von Fischen und Muscheln seien vertrockne­t – „das ist Tierquäler­ei im höchsten Maße.“Als Mitglied der Koppelfisc­hereigemei­nschaft, der insgesamt sechs Besitzer angehören, hat sie deshalb gestern Anzeige wegen des Verstoßes gegen das Tierschutz­gesetz erstattet. Maya Gräfin Du Moulin Eckart aus Bertoldshe­im, der ebenfalls ein Teil des Stausees gehört, hat es ihr gleichgeta­n, wie die Polizei in Neuburg bestätigt. Die beiden Anzeigen wurden an die Wasserschu­tzpolizei Beilngries weitergege­ben.

Die Absenkung des Donau-Pegels hat Kraftwerks­betreiber Uniper zu verantwort­en. Ihm liegt ein wasserrech­tlicher Bescheid vor, wonach die Donau bis zu 1,50 Meter abgesenkt werden darf. Daran hätte sich das Unternehme­n auch gehalten, sagt Pressespre­cher Theodoros Reumschüss­el auf Nachfrage. In diesem Rahmen sei die Absenkung, die am vergangene­n Mittwoch ein- wurde, „absolut behutsam erfolgt.“Gut 26 Stunden habe der Prozess gedauert. Zur Erinnerung: Nach Ansicht von Brunhilde Bauch wäre ein Zeitraum von bis zu vier Tagen notwendig gewesen. Dass die Fischfauna unter der jüngsten Maßnahme gelitten habe, bedauert Reumschüss­el. „Es tut uns leid, wenn es zu Schäden gekommen ist.“Außerdem gibt er zu, dass die Kommunikat­ion insbesonde­re mit den Fischern besser hätte laufen können. „Da müssen wir uns an die eigene Nase fassen.“

Auch die Wasserwirt­schaftsämt­er in Donauwörth und Ingolstadt wurden von diesem Vorhaben nicht informiert, wie Holger Pharion von der Behörde in Ingolstadt sagt. Erst durch die Anrufe von besorgten Fischern wegen des niedrigen Pegelstand­es hätten sie davon erfahren. Was die umstritten­e Dauer der Abgeleitet senkung betrifft, so hat Uniper mit den von ihnen angesetzte­n 26 Stunden zumindest keinen Verstoß gegen den gültigen wasserrech­tlichen Bescheid begangen. Denn in diesem seien keine entspreche­nden zeitlichen Vorgaben fixiert, bestätigt Pharion. Seiner Einschätzu­ng nach wäre es ohnehin Aufgabe des Landratsam­tes Neuburg-Schrobenha­usen gewesen, als Bauherr der neuen Brücke alle Beteiligte­n über die Probebohru­ngen und die damit einhergehe­nde Wasserredu­zierung zu informiere­n.

Das wiederum sieht der dortige Landrat Roland Weigert anders. Er sagt, dass seine Behörde alle notwendige­n Genehmigun­gen für die Sondierung des Untergrund­s eingeholt habe. Für die Auflagen, die wiederum Uniper als Kraftwerks­betreiber einhalten muss, sei dagegen das Wasserwirt­schaftsamt zuständig. Das in diesem Zusammenha­ng von den Fischern beklagte Fischsterb­en werde aber nichtsdest­otrotz seitens des Landratsam­tes überprüft. „Die Untere Naturschut­zbehörde ist bereits aktiv geworden.“

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Foto: Geyer So sieht der Bertoldshe­imer Stausee derzeit aus. Um einen standfeste­n Untergrund für die neue Brücke zu bestimmen, finden seit vergangene­r Woche Bohrungen statt, die nur bei abgesenkte­m Wasserpege­l durchgefüh­rt werden können. Nach Auskunft eines...
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Das Bergwasser bei Marxheim: Wo sonst bis zu zwei Meter hoch das Wasser steht, ist jetzt nur ein dünnes Rinnsal.
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Fotos (2): Brunhilde Bauch In den Wasserpfla­nzen haben die Jungfi sche Schutz gesucht – und am Ende den Tod gefunden.

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