Schwein gehabt!
Vor Neujahr stapeln sich die Marzipan-Schweinchen in den Läden, schwarze Katzen dagegen sind zu Halloween ein beliebtes Motiv. Warum spielen die tierischen (Un-)Glücksboten heute noch so eine große Rolle?
Augsburg Damit ist der Tag wohl gelaufen: Gemächlich tapst die schwarze Katze über die Straße. Das verheißt bekanntlich nichts Gutes. Doch warum werden manche Tiere, neben schwarzen Katzen auch Raben oder Kröten, überhaupt mit Unheilvollem in Verbindung gebracht, während beispielsweise für Marienkäfer genau das Gegenteil gilt?
Roman Tischberger, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Europäische Ethnologie/ Volkskunde der Uni Augsburg, hat sich mit Glücksbringern und Aberglauben beschäftigt. Als Abgrenzung zum religiösen Glauben lasse sich der Begriff bis ins Mittelalter zurückverfolgen, sagt er. Seither, besonders während der Epoche der Aufklärung, haben sich Glaubenspraktiken stark verändert. Doch trotz des höheren Wissens und stetigen Hinterfragens in der Gesellschaft sei die Welt noch immer nicht ganz entzaubert. Tischberger erklärt, es bestehe immer noch menschlicher Bedarf an einfachen Erklärungen für Dinge, die auf den ersten Blick nicht erklärbar sind sowie der Wunsch, die Zukunft positiv beeinflussen zu können. Dafür haben die Menschen im Laufe der Zeit Symbole gefunden, unter ihnen auch eine ganze Reihe von Tieren.
Denn schwarze Katzen sind lange nicht die einzigen Vierbeiner, die die Abergläubischen unter uns beschäftigen. Da wären noch das Glücksschwein und der Marienkäfer. Beide äußerst beliebte Motive für diverse Grußkarten oder Schlüsselanhänger,
Der Koi: andere Länder, andere Glückstiere
die dank ihrer symbolträchtigen Bedeutung gerne als günstiges Mitbringsel verschenkt werden. Auch der Storch wird mit frohen Botschaften in Verbindung gebracht, gilt er doch als Symbol für Fruchtbarkeit. Dem Volksmund zufolge bringt er ja sogar die Babys.
Tieren bestimmte Glücks- oder Unglückswirkung zuzuschreiben, ist dabei nicht auf Deutschland oder Europa beschränkt. In Asien zum Beispiel gilt der Koi als Symbol der Stärke. Angeblich rührt der Glaube daher, dass der Fisch als einziger die Wasserfälle des Gelben Flusses in China hochschwimmen könne. Kois sind mittlerweile auch in Deutschland beliebte Zierfische. Fischfarmen verkaufen die Tiere zum Teil für mehrere hundert Euro.
Wie Aberglaube im Allgemeinen entsteht, ist schwer zu beantworten. In einigen Einzelfällen gibt es, zum Teil wissenschaftlich belegte, Theo- rien, woher dieser Glaube kommt. Dazu gehört zum Beispiel das Glücksschwein. Laut Tischberger stammt der Begriff aus der frühen Neuzeit. Damals sei es üblich gewesen, dass der Verlierer sportlicher Wettkämpfe ein Ferkel als Trostpreis erhielt. „Letzter geworden, aber immerhin ‘Schwein gehabt‘“, sagt Tischberger.
Der Marienkäfer soll seinen Namen sogar von der Jungfrau Maria bekommen haben. Schon im Mittelalter hatten die Menschen seine nützliche Rolle als Ungeziefer-Vernichter in der Landwirtschaft erkannt und sahen in ihm deshalb ein Geschenk der Heiligen. Daher soll auch der Glaube an den kleinen roten Käfer als Glückssymbol rühren.
Eine überzeugende Erklärung, warum ausgerechnet der Glaube an schwarze Katzen als Unglücksbringer so verbreitet ist, gibt es dagegen nicht. Vielleicht liegt es an deren schleichendem Gang, der manchen verdächtig erscheint, den funkelnden Augen oder dem elektrisch geladene Fell, das dem Tier etwas Unheimliches verleiht. Fakt ist, in der Vergangenheit hat sich ein weites Netz des Aberglaubens um die Katze gesponnen, wie eine Vielzahl an Überlieferungen belegt. So glaubten manche daran, dass ein Kranker, unter dessen Fenster sich eine Katze putzt, sterben müsse. War eine Frau unglücklich in ihrer Ehe, lag es wohl daran, dass sie ihre Katzen schlecht behandelt hatte. Die Tiere quasi zum Selbstschutz zu töten, war keine Option. Auch das solle Unglück bringen. Dreifarbige Katzen, aus genetischen Gründen sehr selten, haben im Laufe der Zeit eine Sonderrolle eingenommen: Im Gegensatz zu ihren schwarzen Artgenossen sollen sie sogar Glück bringen.
Tatsächlich kann es Menschen helfen, ein kleines Plüschschweinchen oder Ähnliches dabeizuhaben. Ethnologe Tischberger sagt: „Psychisch sind wir entspannter, wenn unsere Glücksbringer bei uns sind. Sie helfen uns mit Situationen von Stress oder Angst besser zurechtzukommen und diese besser zu bewältigen.“
Den Tieren dagegen bringt die Bedeutung, die ihnen zugemessen wird, oft kein Glück. Schwarze Katzen zum Beispiel finden in Tierheimen schwerer neue Besitzer als ihre Artgenossen mit hellem Fell. Noch schlimmer trifft es Nashörner. Deren Horn, so der Irrglaube in einigen asiatischen Ländern, habe aphrodisierende Wirkung und könne sogar Krebs heilen. Die Nashörner fallen Wilderern zum Opfer, die schnelles Geld mit dem Horn der toten Tiere machen wollen.