Das Wunder von Durango
Ein mexikanisches Flugzeug mit über hundert Insassen stürzt ab, schlittert hunderte Meter über die Erde, geht in Flammen auf – und alle Passagiere überleben
Durango Als Flug AM 2431 mit 99 Passagieren und vier Besatzungsmitgliedern auf der Startbahn von Durango steht, bereit zum Abflug nach Mexiko-Stadt, geht ein Gewitter über der nordmexikanischen Stadt nieder. Doch die Sicht ist in Ordnung, Regen und Hagel sind normalerweise kein Problem für ein Flugzeug dieser Größenordnung.
Der Kontrollturm erteilt die Starterlaubnis um 16 Uhr am Dienstagnachmittag. In Deutschland ist es zu diesem Zeitpunkt später Abend. Was dann passiert, schildert Passagier Rómulo Campuzano so: „Das Flugzeug beschleunigte und hob ab. Dann hörte ich zwei dumpfe Schläge aus dem hinteren Teil, wir stürzten zurück auf die Erde. Ich sah die Tragflächen brennen und die Turbinen auf dem Boden liegen.“Campuzano konnte sich durch die vordere Tür aus dem Flugzeug retten.
Andere Passagiere erzählen von und einem Feuer im hinteren Teil des Rumpfes, in dem ein großes Loch klafft. „Wir fuhren auf die Startbahn, als es plötzlich finster wurde. Das Flugzeug hob ab, neigte sich zur Seite und wir stürzten wieder auf die Piste, zumindest fühlte es sich hart an“, erzählt Jacqueline Flores. „Dann rutschten wir noch ein paar hundert Meter den Boden entlang.“Doch auch die Frau schaffte es, sich zu retten – genauso wie alle anderen Insassen. Medien auf der ganzen Welt berichten über das „Wunder von Durango“.
Nach Angaben des Gouverneurs von Durango, José Rosas, halfen sich die Passagiere gegenseitig. Ihm zufolge wurden 93 Menschen in Krankenhäusern behandelt, die meisten erlitten nur leichte Verletzungen und konnten am Abend bereits wieder nach Hause gehen. Zwei galten als schwer verletzt, darunter der Pilot, der den Aufprall mit voller Wucht abbekam und an der Wirbelsäule operiert werden musste. Ein Mädchen trug starke Verbrennungen davon. „Da das Flugzeug aber noch in horizontaler Position war, konnte die Evakuierung über die Notausgänge rasch erfolgen, bevor sich das Feuer ausbreitete“, so Rosas.
Die ersten Krankenwagen trafen innerhalb einer Viertelstunde ein und brachten die Verletzten in Krankenhäuser. Das Flugzeugwrack liegt in einer Brache wenige hundert Meter am Ende der Piste des Flughafens, der rund 40 Minuten außerhalb der Stadt gelegen ist. Es ist das erste Unglück in Mexikos kommerzieller Luftfahrt seit 1999, als ein Flieger der Linie Taesa im zentralmexikanischen Bundesstaat Michoacán abstürzte. Dabei kamen 18 Menschen ums Leben.
Die Fluglinie Aeromexico übernimmt die Kosten für die Behandlung der Verletzten. Transportminister Gerardo Ruiz Esparza kündigte die Einrichtung einer Kommission an, die das Unglück aufkläBlitzen ren soll. Der Flieger vom Typ Embraer 190 war zehn Jahre alt und hatte erst vor kurzem alle technischen Inspektionen bestanden. Gouverneur Rosas macht das schlechte Wetter für den Unfall verantwortlich. Nach Nachforschungen des Piloten und Fluglehrers Jorge Stamatiades kreuzte just im Prozess des Abhebens ein Hagelschauer die Piste. „Die Winde drückten das Flugzeug seitlich auf die Erde, und zwar mit der linken Tragfläche zuerst.“Dadurch habe der Pilot die Kontrolle verloren. Der Flieger befand sich da zwischen drei und vier Metern über der Erde. Nach Angaben des Sprechers des Zivilschutzes, Alejandro Cardoza, hatten die Piloten noch versucht, den Startvorgang abzubrechen und eine Notlandung einzuleiten, als sie sich der Böen und des Hagelschauers bewusst wurden. Sie schafften es nicht.
Doch die Passagiere machen ihnen keinen Vorwurf. Sie sind einfach nur froh, überlebt zu haben.