Jan Ullrich stürzt immer tiefer
Nach der Attacke auf Til Schweiger soll der Ex-Sportler jetzt eine Escortdame gewürgt haben. Er wird festgenommen – und ist zu benommen für eine Vernehmung
Frankfurt am Main Jan Ullrich wollte einen Neuanfang. Nach der Attacke auf seinen Nachbarn Til Schweiger auf Mallorca kündigte der frühere Radprofi in der Zeitung an, seinen vier Kindern zuliebe seine Probleme in Angriff zu nehmen. Er wollte nach Deutschland reisen, um eine Therapie zu machen.
Nach Deutschland ist er am Donnerstagabend tatsächlich gekommen. Doch schon am Freitagmorgen gab es den nächsten Skandal. Ullrich wurde vorübergehend festgenommen. Er soll in einem Nobelhotel in Frankfurt am Main eine Escortdame attackiert und verletzt haben. Polizei und Staatsanwaltschaft bestätigten am Freitag die Festnahme. Am Freitag Abend wurde der 44-Jährige jedoch wieder auf freien Fuß gesetzt, er verließ das Polizeipräsidium. Allerdings werde weiter gegen den Tour-de-France-Sieger von 1997 ermittelt. Er selbst schwieg zunächst zu den Vorwürfen – genauso wie sein Anwalt.
Ullrich soll in dem Hotel mit der Frau in einen Streit geraten sein und sie daraufhin attackiert haben. „Er soll sie so fest gewürgt haben, dass ihr schwarz vor Augen wurde“, sagte die Sprecherin der Staatsanwaltschaft Frankfurt, Nadja Niesen. Es werde wegen des Verdachts des versuchten Totschlags und der gefährlichen Körperverletzung ermittelt. Die Staatsanwaltschaft sehe aber derzeit keinen dringenden Tatverdacht für ein versuchtes Tötungsdelikt und mit Blick auf die Ermittlungen wegen gefährlicher Körperverletzung keinen Haftgrund, sagte Niesen. Es sei deshalb bislang kein Haftbefehl beantragt worden.
Ullrich konnte der Sprecherin zufolge zunächst nicht vernommen werden, weil er unter „erheblichem Alkohol- und Drogeneinfluss“stand. Bei seiner Festnahme habe er auch Widerstand geleistet. Später machte er von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch. Die Escortdame hatte sich laut der Polizei- sprecherin an das Hotelpersonal gewandt, das die Polizei alarmierte. Die Frau musste den Angaben zufolge medizinisch versorgt werden.
Es sind schockierende Nachrichten – nicht nur für die vielen Radsport-Fans, die Ullrich an jenem Sommertag in den Pyrenäen 1997 so verzaubert hat, als er als erster Deutscher die Tour de France ge- wann, das prestigeträchtigste Radrennen der Welt. Er löste damit einen nie da gewesenen RadsportBoom in Deutschland aus. Fortan versammelten sich jedes Jahr im Juli Millionen Menschen vor dem Fernseher und litten stundenlang mit Ullrich, wenn es die Bergriesen in den Alpen und den Pyrenäen hinaufging. Sponsoren und Veranstalter standen Schlange. Ullrich war der Kumpeltyp auf zwei Rädern, der im Winter auch mal gerne über die Stränge schlug und ein paar Pfunde zu viel mit sich herumschleppte. Stieg er bei Rennen in Deutschland aufs Rad, standen tausende Fans am Straßenrand. Fans, die ihm später sogar Dopingsünden verziehen – und jetzt seinen Absturz mit ansehen müssen.
Seine zweite Ehefrau Sara hat ihn vor ein paar Monaten verlassen – Berichten zufolge wegen seiner Alkohol- und Drogenprobleme. Nach 13 Jahren Ehe blieb Ullrich allein in seiner zweiten Heimat, einem Vorort von Palma de Mallorca, zurück. Er habe Sachen gemacht und genommen, die er sehr bereue, sagte er vor einigen Tagen der nachdem er auf dem Nachbargrundstück von TV-Star Schweiger im Zuge eines Streits vorübergehend in Polizeigewahrsam genommen worden war.
Doch alle Reue scheint nichts daran zu ändern: Sein tiefer Fall geht weiter.
Er zeigt Reue – doch es ändert sich nichts