Die neue leichte Pilz Küche
Schnell, gesund, raffiniert: Es müssen nicht immer fette Sahnesoßen sein, junge Köche zeigen, wie es auch anders geht
Pilze spielen auf dem Teller häufig nur eine Nebenrolle, im Vordergrund steht oft Fleisch oder ein großer Semmelknödel. Das Ganze mit Sahnesoße – und schon steht eine echte Kalorienbombe auf dem Tisch. Dabei sind Pilze eigentlich Leichtgewichte und Schlankmacher: Sie bestehen hauptsächlich aus Wasser, Eiweiß und Nährstoffen. 100 Gramm Champignons zum Beispiel haben rund 16 Kalorien.
„Pilze kann man super mit Kräutern, Chili, Ingwer, Essig und Zitronensaft kombinieren, die das ganze Gericht sehr leicht verdaulich machen“, erklärt Michael Schlaipfer, Inhaber des Chiemgauer Restaurants „Michael’s Leitenberg“. Kräuter oder Gewürze sollte man eher zum Schluss hinzugeben. Sonst wird das Wasser zusammen mit sämtlichen Geschmacks- und Inhaltsstoffen aus den Pilzen herausgezogen. Der Chiemgauer brät insgesamt 800 Gramm in Streifen geschnittene Austernseitlinge, Shiitakepilze und Enokipilze scharf im Wok und der Pfanne mit etwas Ingwer, Chili und Knoblauch an, schmeckt sie mit Honig, zwei Esslöffeln Reisessig und vier Esslöffeln Sojasoße als „Pilzgröstl Asia Style“ab und streut reichlich frisch gehacktes Koriandergrün darüber.
Werden Pilze richtig zubereitet, gerät Fleisch schnell zur Nebensache, findet Schlaipfer. Das natürliche Glutamat der Pilze sorge nämlich beim Anbraten für ganz besondere Röstaromen, wie man sie sonst nur vom Fleisch kenne. Nicht nur Speck-, Kalb- oder RindfleischAromen sind bei Pilzen möglich. Manche schmecken eher bitter, andere zitronig. „Es wäre schade, wenn man das alles in einen Topf schmeißt und dann noch Speck und Zwiebeln dazugibt“, findet auch Daniel Schmidthaler von der Vereinigung junger Spitzenköche. Will er mehrere Pilze zusammen verwenden, bereitet er jede Sorte einzeln zu. Sein Experten-Tipp: Frischer Zitronenabrieb, zum Schluss auf dem Pilz verteilt, unterstreicht den jeweiligen Eigengeschmack.
In seinem Restaurant „Alte Schule Fürstenhagen“in MecklenburgVorpommern arbeitet Schmidthaler häufig mit Pilzen. Dabei geht es immer darum, so viel Aroma wie möglich zu erhalten. „Je nach Struktur und Festigkeit braten, grillen, fermentieren oder dämpfen wir“, erläutert Schmidthaler. Festfleischige Pilze wie Champignons vertragen etwas mehr Hitze. Sprödere und weichere Varianten eher mittlere Hitze. Shiitakes zum Beispiel, die gut für das Herz-Kreislauf-System sind, sollten gedämpft werden.
Auch andere Pilze haben für die Gesundheit einiges zu bieten. Morcheln wirken antioxidativ, wenn man sie nicht unbedingt in Sahnesoße und Alkohol kocht. Besonders Austernseitlinge schätzen die Köche. Schmidthaler dünstet zwei Schalotten in kleinen Würfeln in einer Pfanne mit etwas Rapsöl und frischem Zitronenthymian an. Dann legt er pro Person 150 Gramm Austernseitlinge darauf und lässt sie für 15 Minuten bei 200 Grad im Ofen weich schmoren und übergießt sie danach mit dem entstandenen Sud. Dazu serviert er eine LimettenPetersilien-Soße: 100 Gramm glatte Petersilie mit Abrieb und Saft von Limetten, 50 Gramm Rapsöl, etwas Chili und Salz zu einer Art Pesto mixen. Dazu reicht er Kartoffeln und Sonnenblumenkerncreme: 100 Gramm Kerne anrösten und mit 200 Milliliter Milch aufgießen, einkochen lassen und fein pürieren.
Austernpilze gelten als sehr gesund. Wegen ihres Geschmacks werden sie auch „Kalbfleischpilze“genannt, erklärt der Chiemgauer Koch Schlaipfer. Der wichtigste Tipp im Umgang mit Pilzen: Nicht waschen und auf gar keinen Fall ins Wasser legen. Die Pilze saugen sich sonst voll. „Besser mit einem Pinsel von Erde oder Nadeln befreien“, sagt Schlaipfer. Schmidthaler empfiehlt einen Trick: Eine große Menge Pfifferlinge wendet der Spitzenkoch zuerst in Mehl. „Anschließend kurz in lauwarmem Wasser waschen, so ziehen sich die Pilze nicht so voll, der Dreck bleibt am klebrigen Mehl haften.“Champignons reibt der Spitzenkoch mit einem in Öl getränkten Tuch ab. Sein Kollege Schlaipfer empfiehlt, Röhrenschwämme von großen Pilzen zu entfernen: „Sie machen das Gericht schleimig.“Bei Waldpilzen könnten sich außerdem Maden oder Käfer darin verbergen. Zudem speicherten sie Schwermetalle.
Die Pilze nicht zu klein schneiden, empfiehlt Schmidthaler. Geschmack und Struktur bleiben dann besser erhalten. Steinpilze könnten halbiert, Pfifferlinge sollten lieber im Ganzen zubereitet werden. „Sonst tritt noch mehr Wasser aus, die Pilze werden spröde und zäh“, sagt der Koch. Weil Pilze sehr eiweißhaltig sind, verderben sie schnell. Deshalb sollte man sie gekühlt und sauber lagern und erst kurz vor dem Braten oder Kochen aus der Kühlung nehmen.
Zum Braten empfehlen die beiden Köche ein stark erhitzbares Fett. „Am besten nimmt man Kokosfett oder Butterschmalz“, sagt Schmaus. Erst bei maximaler Temperatur kommen die Pilze in eine große Pfanne. Viele machen den Fehler, Pilze zu lange schmoren zu lassen. Eine Pilzpfanne sollte in fünf Minuten fertig sein.