Die „Storchenmama“aus Staudheim
Zwei Störche haben nicht mehr genug Kraft, um in ihr Nest auf der Staudheimer Kirche zu kommen. Karin Jung päppelt sie auf. Mittlerweile sind sie, wie viele Jungstörche, weggeflogen
Karin Jung aus Staudheim hat zwei kraftlose Jungstörche wieder aufgepäppelt. Mittlerweile sind die Tiere fortgeflogen.
Landkreis Erst kam Sissi, ein paar Tage später ihr Bruder Franz. Die beiden Störche wurden von „Ziehmutter“Karin Jung aus Staudheim aufgenommen, nachdem sie bei Flugversuchen auf dem Boden gelandet waren und es nicht mehr in ihr Nest auf dem Kirchturm geschafft hatten. Zu verkümmert waren ihre Flügel – wahrscheinlich eine Folge von Mangelernährung. Sissi verletzte sich beim Sturz am rechten Bein und konnte dieses die erste Zeit gar nicht belasten. Franz war in einem Zaun hängen geblieben und deshalb ebenfalls arg mitgenommen. Jung päppelte Sissi mit Wasser und Fisch wieder auf, Franz konnte sich seine Nahrung selbst suchen.
Etwas Ähnliches hatte sie schon einmal gemacht: „Weil wir vor zwei Jahren über einen längeren Zeitraum einen Storch, der uns zugelaufen war, ein bisschen aufgepäppelt haben, wurden wir nun als Stor- chenfachmänner auserkoren“, sagt die Staudheimerin. Sie gab den tierischen Geschwistern auch ihre kaiserlichen Namen. Die meiste Zeit verbrachten die beiden Störche in Jungs Garten. „Einmal ist einer aber auch reinspaziert und hat sich auf den Wohnzimmertisch gesetzt. Irgendwie hat ihn das halt interessiert.“Tatkräftige Unterstützung bekam Jung von einigen anderen Dorfbewohnern und auch vom Dorfpfarrer, der ein kleines Budget für „seine“Störche vom Kirchdach bereitstellte.
In der vergangenen Woche sind beide Störche aber fortgeflogen. Dieses Jahr sind übrigens die meisten Jungstörche schon lange weg. Auch die gesunden Staudheimer Jungstörche haben vor einigen Wochen die Region verlassen, heißt es aus dem Rainer Stadtteil. Andere Storchenbeobachter aus dem Umkreis berichten Ähnliches.
Heidi Källner, die für die Beobachtung im Nördlinger Ries und damit auch für den Raum Harburg und Wemding zuständig ist, hat Jungtiere am Anfang August gesehen, wie sie sich mit anderen Jungstörchen aus dem fränkischen Raum zusammen gesammelt haben und davon geflogen sind – an den Bodensee, vermutet sie. Dort gibt es noch genügend Futter. Denn die Störche leiden sehr unter der Hitze der vergangenen Wochen – nicht akut an den Temperaturen, aber die daraus resultierende Dürre nehme ihnen die Nahrungsquellen. Felder und Wasserquellen sind ausgetrocknet, besonders die noch nicht so erfahrenen Störche seien benachteiligt. Källner erklärt: „Die Alten finden noch eher etwas, deswegen bleiben die auch so lange noch da. Aber die Jungen können noch nicht so schnell zupacken. Deswegen brauchen die vor allem Kleintiere wie Grillen oder Heuschrecken – und die gibt es nicht mehr.“
Doch auch die Altstörche sammeln sich schon, um sich auf den Flug vorzubereiten. Dabei fliegen nur die wenigsten nach Afrika, den meisten ist der anstrengende Flug über das Mittelmeer zu riskant. In Südfrankreich und Spanien gibt es genug Mülldeponien und andere Nahrungsquellen für sie. Auch der Storch Elsi aus Thüringen, den Källner per GPS auf einer App beobachten kann, ist schon im Süden Frankreichs angekommen.
Die Donauwörther Störche seien von der Hitze und dem Nahrungsmangel nicht so sehr betroffen. „Das ist vor allem schlimm für die Störche, die erst spät brüten. Unsere haben alle früh gebrütet und die Jungen sind schon fort,“sagt Dr. Georg Schnizer, Storchenbeobachter in Donauwörth. Auch in Mertingen flogen die Jungen schon vor vier Wochen weg. Auf ihrer Reise legen die Störche teilweise bis zu 500 Kilometer am Tag zurück. Dabei nutzen sie mit ihren knapp zwei Metern Spannweite vor allem den Wind und die Thermik, lassen sich treiben wie Segelflieger. Somit sind sie viel schneller und vergeuden auch weniger Energie mit mühsamen Flügelschlägen wie andere Vögel.