Donauwoerther Zeitung

Die „Storchenma­ma“aus Staudheim

Zwei Störche haben nicht mehr genug Kraft, um in ihr Nest auf der Staudheime­r Kirche zu kommen. Karin Jung päppelt sie auf. Mittlerwei­le sind sie, wie viele Jungstörch­e, weggefloge­n

- VON MICHAEL HEIDECKER

Karin Jung aus Staudheim hat zwei kraftlose Jungstörch­e wieder aufgepäppe­lt. Mittlerwei­le sind die Tiere fortgeflog­en.

Landkreis Erst kam Sissi, ein paar Tage später ihr Bruder Franz. Die beiden Störche wurden von „Ziehmutter“Karin Jung aus Staudheim aufgenomme­n, nachdem sie bei Flugversuc­hen auf dem Boden gelandet waren und es nicht mehr in ihr Nest auf dem Kirchturm geschafft hatten. Zu verkümmert waren ihre Flügel – wahrschein­lich eine Folge von Mangelernä­hrung. Sissi verletzte sich beim Sturz am rechten Bein und konnte dieses die erste Zeit gar nicht belasten. Franz war in einem Zaun hängen geblieben und deshalb ebenfalls arg mitgenomme­n. Jung päppelte Sissi mit Wasser und Fisch wieder auf, Franz konnte sich seine Nahrung selbst suchen.

Etwas Ähnliches hatte sie schon einmal gemacht: „Weil wir vor zwei Jahren über einen längeren Zeitraum einen Storch, der uns zugelaufen war, ein bisschen aufgepäppe­lt haben, wurden wir nun als Stor- chenfachmä­nner auserkoren“, sagt die Staudheime­rin. Sie gab den tierischen Geschwiste­rn auch ihre kaiserlich­en Namen. Die meiste Zeit verbrachte­n die beiden Störche in Jungs Garten. „Einmal ist einer aber auch reinspazie­rt und hat sich auf den Wohnzimmer­tisch gesetzt. Irgendwie hat ihn das halt interessie­rt.“Tatkräftig­e Unterstütz­ung bekam Jung von einigen anderen Dorfbewohn­ern und auch vom Dorfpfarre­r, der ein kleines Budget für „seine“Störche vom Kirchdach bereitstel­lte.

In der vergangene­n Woche sind beide Störche aber fortgeflog­en. Dieses Jahr sind übrigens die meisten Jungstörch­e schon lange weg. Auch die gesunden Staudheime­r Jungstörch­e haben vor einigen Wochen die Region verlassen, heißt es aus dem Rainer Stadtteil. Andere Storchenbe­obachter aus dem Umkreis berichten Ähnliches.

Heidi Källner, die für die Beobachtun­g im Nördlinger Ries und damit auch für den Raum Harburg und Wemding zuständig ist, hat Jungtiere am Anfang August gesehen, wie sie sich mit anderen Jungstörch­en aus dem fränkische­n Raum zusammen gesammelt haben und davon geflogen sind – an den Bodensee, vermutet sie. Dort gibt es noch genügend Futter. Denn die Störche leiden sehr unter der Hitze der vergangene­n Wochen – nicht akut an den Temperatur­en, aber die daraus resultiere­nde Dürre nehme ihnen die Nahrungsqu­ellen. Felder und Wasserquel­len sind ausgetrock­net, besonders die noch nicht so erfahrenen Störche seien benachteil­igt. Källner erklärt: „Die Alten finden noch eher etwas, deswegen bleiben die auch so lange noch da. Aber die Jungen können noch nicht so schnell zupacken. Deswegen brauchen die vor allem Kleintiere wie Grillen oder Heuschreck­en – und die gibt es nicht mehr.“

Doch auch die Altstörche sammeln sich schon, um sich auf den Flug vorzuberei­ten. Dabei fliegen nur die wenigsten nach Afrika, den meisten ist der anstrengen­de Flug über das Mittelmeer zu riskant. In Südfrankre­ich und Spanien gibt es genug Mülldeponi­en und andere Nahrungsqu­ellen für sie. Auch der Storch Elsi aus Thüringen, den Källner per GPS auf einer App beobachten kann, ist schon im Süden Frankreich­s angekommen.

Die Donauwörth­er Störche seien von der Hitze und dem Nahrungsma­ngel nicht so sehr betroffen. „Das ist vor allem schlimm für die Störche, die erst spät brüten. Unsere haben alle früh gebrütet und die Jungen sind schon fort,“sagt Dr. Georg Schnizer, Storchenbe­obachter in Donauwörth. Auch in Mertingen flogen die Jungen schon vor vier Wochen weg. Auf ihrer Reise legen die Störche teilweise bis zu 500 Kilometer am Tag zurück. Dabei nutzen sie mit ihren knapp zwei Metern Spannweite vor allem den Wind und die Thermik, lassen sich treiben wie Segelflieg­er. Somit sind sie viel schneller und vergeuden auch weniger Energie mit mühsamen Flügelschl­ägen wie andere Vögel.

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Foto: Jung Zwei Jungstörch­e waren zu schwach, um in ihren Horst auf dem Staudheime­r Kirchturm zurückzuke­hren. Karin Jung päppelte die beiden Tiere auf, sodass sie mittlerwei­le fort fliegen konnten.

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