Walgeräusche in der pinken Kabine
Fußball muss als einer der letzten Rückzugsorte herhalten, an denen Mann sich noch ausleben kann. Hier ist ihm erlaubt, was ihr zu Hause missfällt. Dem Testosteron darf er freien Lauf lassen, darf auf den Rasen spucken und sich in den Schritt fassen. Auf dem Feld droht keine Klage wegen Beleidigung, nur weil man dem Gegenspieler von Erlebnissen der vergangenen Nacht erzählt hat. Mit dessen Frau. Fußball, das spielen eben echte Kerle, zu deren weiteren Hobbys Bären töten und Feuer machen zählen.
Gut, und nun zur Realität. Die letzte Bastion Fußball fällt. Oder ist schon gefallen. Sich als harten Männersport zu inszenieren, nimmt den Kickern niemand mehr ab, seitdem sie sich Augenbrauen zupfen, Beine rasieren und Lifestyle-Magazine herausbringen. Früher tranken die Legats und Augenthalers Kälberblut und verschlangen rohe Eier, jetzt nippen die einfühlsamen Kicker an ihrer Litschi-Schorle und ernähren sich von veganem Couscous-Salat.
Den Verantwortlichen des englischen Zweitligisten Norwich City hätte also bewusst sein müssen, dass ihr Psychotrick nicht funktionieren würde. Sie bauten darauf, dass sich die Fußballer immer noch von ihren Avocado-förmigen Bällchen in der Hose leiten lassen würden. Kurzerhand haben die Norwich-Macher die Gästekabine in ihrem Stadion in sattem Pink streichen lassen. Weil sie dachten, das senkt die Angriffslust und den Testosteronspiegel im Blut. Das Rosa sollte Erinnerungen an die Kindheit wecken. Wer sich in dieser harmoniegeschwängerten heilen Welt umzieht, dem kann auf dem Rasen nicht der Sinn nach grobschlächtigem Grätschen stehen. Dachten jedenfalls die Norwich-Chefs.
Der Erfolg ihrer Pinselaktion liest sich überschaubar: ein Heimspiel verloren, eines gewonnen. Doch halt, noch müssen die Engländer den Farbversuch nicht als gescheitert ansehen. Nur: Pink allein genügt nicht. Künftig erhalten Gästespieler am Kabineneingang Blumenketten, Yogi-Tees und PlüschEinhörner. In der Umkleide verströmen Duftkerzen Vanille-Lavendel-Aromen. Und das dämmrige Licht durchdringen Wald- und Walgeräusche. Selbst Softies ist das zu viel – und Norwich wäre ein Aufstiegskandidat.