Der Mann mit der Rente
Walter Riester wird heute 75
Augsburg Walter Riester hatte einen Ruf zu verteidigen – und das tat er dann auch. Kein Ideologe, sondern ein moderner Reformer: Als Gerhard Schröder den gebürtigen Kaufbeurer 1998 zu seinem Arbeitsminister berief, war das ein Signal an die Wirtschaft – auch in einer rotgrünen Regierung würden keine Klassenkämpfer den Ton angeben.
Riester, der gelernte Fliesenleger, hatte für die IG Metall in BadenWürttemberg Tarifabschlüsse ausgehandelt, zu denen kürzere Arbeitszeiten so selbstverständlich gehörten wie Zugeständnisse an Betriebe in Schwierigkeiten. Als Minister lieferte er dann mit der Rentenreform 2001 sein Meisterstück ab, deren Herzstück die vom Staat geförderte zusätzliche Altersvorsorge war: die Riester-Rente. Die ist zwar wegen der mageren Renditen in die Kritik geraten – ihr Erfinder aber hält die Vorwürfe, wie er selbst sagt, für absurd. „Als wir damals das Gesetz gemacht haben, hat kein Verbraucherschützer laut aufgeschrien.“
Riester, der heute 75 Jahre alt wird, ist der lebende Beweis für das sozialdemokratische Aufstiegssprechen. Aufgewachsen als Sohn einer alleinerziehenden Mutter, mit der er sich ein Zimmer zur Untermiete teilen musste, begann er mit 14 seine Lehre, arbeitete im Akkord und schlug nach bestandener Meisterprüfung eine Gewerkschaftskarriere ein, die ihn bis ins Amt des stellvertretenden Vorsitzenden der IG Metall trug. Den Beruf, den er gelernt hat, beherrscht er noch aus dem Effeff: Die Fliesen in seinem Haus am Ossiacher See in Kärnten hat Riester, als er schon Minister war, noch selbst verlegt – im Urlaub. (rwa)