Wo sind all die Bäume?
Natur In Donauwörths Stadtgebiet sind mehr Bäume vorgesehen als tatsächlich gepflanzt wurden. Woran das laut Verwaltung liegt
Donauwörth Das Anliegen Gustav Dingers liest sich erst einmal nicht allzu kompliziert: Der Ratsherr stellte bereits 2014 eine erste Anfrage, wie viele Bäume auf öffentlichem Grund in Donauwörth vorgesehen sind – und wie viele dort wirklich stehen. Hintergrund für den ÖDP-Politiker ist das Stadtklima – sprich: Bäume leisten dazu einen grundlegenden Beitrag, gerade auch für das menschliche Wohlergehen. Und damit ist eben nicht nur der angenehme Schatten im Hochsommer gemeint. Jetzt kam die Antwort der Verwaltung.
Gustav Dinger kommt es manchmal so vor, als würde seitens einiger Kollegen im Rat die Sorge um Natur und Schöpfung ins Lächerliche gezogen, nach der Art „Ja, ja, mein Freund, der Baum“. Seine Nachfragen, was die Ökologie im Stadtgebiet angehe, mag so manchem in Rat und Verwaltung sichtlich auf die Nerven gehen. Doch Dinger ist auch bei der Frage der Bäume im Stadtgebiet beharrlich geblieben. Er forderte eine Analyse, welche Bäume wo festgesetzt sind und wie viele dort ganz real auch stehen. Dies erwies sich laut Verwaltung als kompliziert. So wurden – wie jüngst im städtischen Bauausschuss vorgestellt – 28 Bebauungspläne der vergangenen zehn Jahre „auf ihre Umsetzung in Bezug auf die festgesetzten öffentlichen Bäume überprüft“.
Dabei sind die Luftbilder, Bebauungspläne und Baumkatasterauszüge der ausgewählten Pläne herausgefiltert und beschrieben worden. Im Anschluss wurde der jeweilige Bebauungsplan mit dem zugehörigen Baumkataster überlagert, um einen direkten Vergleich zwischen den beiden Plänen herstellen zu können.
Das Ergebnis laut Verwaltung: „Insgesamt fällt die Überprüfung der 28 Bebauungspläne positiv aus.“
● Zwölf der 28 Bebauungspläne beschreiben Grundstücke, die ausschließlich privat sind, das heißt, sie besitzen keine öffentlichen Bäume.
● Acht Bebauungspläne entsprächen bereits vollständig den Festsetzungen des Bebauungsplans, das heißt, „es wurden alle Baumstandorte ordnungsgemäß bepflanzt“. Folgende Bebauungspläne seien bereits vollständig und korrekt umgesetzt worden:
- erste Änderung östlich des Stadtmühlenfeldes.
- Erste Änderung und Erweiterung Baugebiet Schrankenäcker (Kornstraße).
- Zweite Änderung östlich des Stadtmühlenfeldes.
- Dritte Änderung Wohngebiet südwestlich der Rambergsiedlung. - Gewerbegebiet Mühlfeld (Auchsesheim Nord).
- Gewerbegebiet Riedlingen West zwei.
- Verdistraße und Zirgesheim Ost (Stillbergweg).
● Bei den letzten acht Bebauungsplänen sei das Bebauungsgebiet noch nicht vollständig erschlossen. Die Baumpflanzung könne innerhalb der Bebauungsplangebiete „noch nicht analysiert werden, da erst nach vollständiger Erschließung die Bäume angepflanzt werden“. Bei folgenden Bebauungsplänen ist demnach die Baumpflanzung noch gar nicht beziehungsweise nicht vollständig umgesetzt, da die Erschließung noch nicht fertiggestellt wurde:
- erste Änderung Erlenweg/ Pappelweg.
- Erste Änderung Gewerbegebiet an der Südspange, Bauabschnitt zwei.
- Erste Änderung nördlich der Breite.
- Zweite Änderung Wohnpark Donauwörth, Bauabschnitt fünf. - Dritte Änderung Wohnpark Donauwörth, Bauabschnitt vier und Mitte (südwestlich der Rambergstraße).
- Wohngebiet nördlich der Nördlinger Straße.
- Wohn- und Geschäftsviertel westlich des Bahnhofs.
- Zum Thäle, Wünschgarten.
● Beispiel: Für die Verwaltung ergänzte Marlene Schmerer, dass sich der Bebauungsplan „Zweite Änderung Wohnpark Donauwörth, Bauabschnitt fünf“(Riedlingen) als „der einzige problembehaftete Bebauungsplan der Stadt Donauwörth“herausgestellt habe.
Nach einem Abgleich mit dem Baumkataster und dem Luftbild konnte festgestellt werden, dass am Rande der Küsterfeldstraße drei Spitzahorne nicht angepflanzt wor- den seien. In Rücksprache mit dem Tiefbauamt Donauwörth wurde geklärt, dass die drei fehlenden Bäume aufgrund des zu gering verfügbaren Wurzelraums und des einzuhaltenden Lichtraumprofils nicht realisiert werden konnten.
Im Orchideen- und Lilienweg seien derweil die Pflanzstellen bereits vorhanden, die Bäume sind allerdings noch nicht angepflanzt worden. Diese Bäume würden noch in diesem Herbst eingesetzt. Der Nelkenweg, im Westen des Plans, wurde noch nicht gebaut. Die Baumaßnahme wurde dort auf unbestimmte Zeit verschoben, da die Fläche noch nicht erworben wurde. Die restlichen geplanten Anpflanzungen entlang der Küsterfeldstraße seien indessen realisiert worden.
Dinger zeigte sich enttäuscht von dem Ergebnis: „Bei zehn ausgewählten, überprüften Bebauungsplänen wurde nur bei einem alles korrekt umgesetzt – und bei dem gibt es gar keine Festsetzungen von Bäumen.“Der ein oder andere im Rat quittierte Dingers Ausführungen mit Kopfschütteln und Abwinken, was Manfred Hofer (EBD) zu einer Stellungnahme veranlasste: Es sei ein legitimes Anliegen Dingers gewesen, sich um den Baumbestand zu kümmern. Die Praxis habe gezeigt, dass man bei der Stadt scheinbar wenig Interesse an der tatsächlichen Pflanzung und der Kontrolle zeige: „Und ab jetzt muss das korrekt abgearbeitet werden.“
Auch Ratsherr Josef Reichensberger (AL/JB) nannte das Resultat „enttäuschend“. „Es zeigt – Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser.“Oberbürgermeister Armin Neudert (CSU) indes resümierte, dass der „Wunsch nach Kontrolle“erörtert werde. Dinger äußerte gegenüber der dass man die Festsetzung von Bäumen in den Plänen mitunter als eine Art Potemkinsches Dorf sehen könnte – sie würden seiner Meinung nach wahrscheinlich deshalb eingezeichnet, damit der naturschutzrechtliche Ausgleich für die Baugebiete geringer ausfiele. Er bleibe dabei: „Wo ein Baum festgesetzt ist, muss er gepflanzt werden.“Unterdessen kündigte Neudert an, dass allein in diesem Herbst im Stadtgebiet insgesamt 100 Bäume gepflanzt werden.