Begeistert gefeiert: Dorottya Láng
Die ungarische Mezzosopranistin und ihr Klavierbegleiter Marcelo Amaral sorgten für einen hinreißenden Abend von unvergleichlicher musikalischer Schönheit
Ein einzigartiger Hochgenuss war das Gastspiel der ungarischen Mezzosopranistin Dorottya Láng, Solistin an der Staatsoper Hamburg, in Mertingen. Sie kam überraschend als Ersatz für die verhinderte Sopranistin Carolina Ullrich (Semperoper Dresden) direkt aus Budapest – und bescherte mit einem überaus anspruchsvollen und überzeugenden Programm einen Abend von überwältigender musikalischer Schönheit. Ein vokaler Höhenflug. Marcelo Amaral, einem brillanten Pianisten und Professor für Liedbegleitung an der Nürnberger Hochschule, ist dieser fulminante, in jeglicher Hinsicht hinreißende Konzertabend zu verdanken, stellte er doch den Kontakt her.
Carl Loewe, heute eher als Komponist von Balladen bekannt, war ein vielseitiger und viel beschäftigter Komponist. Noch vor Robert Schumann vertonte er Adelbert von Chamissos „Frauenliebe und Leben“. Es handelt sich um einen neunstrophigen Zyklus von volksliedhafter Schönheit, der Stationen des Lebens beschreibt. Vom ersten („Seit ich ihn gesehen, glaub ich blind zu sein“) Verlieben, über Ehe, Geburt und Verlust bis hin zum Tod.
Dorottya Lángs Stimme verführte vom ersten Ton an. Sie verfügt über eine einzigartig schöne, volltönende Mittellage, eine schmelzend-funkelnde Höhe und einen wunderbaren, tiefen Grund, einen perfekten Sitz der Stimme. Sie berührt den Hörer im Innersten. Hatte man im ersten Lied vielleicht noch Robert Schumann im Ohr, so packten Amaral und Láng ihr Publikum. Zuhörer gestanden später ein, Tränen unterdrückt zu haben.
Franz Liszts „Loreley“, die Vertonung des Gedichts über die verführerische Jungfrau, die durch ihren Gesang vom Rheinfelsen herab vorbeifahrende Schiffer betört und in den Tod lockt, ist eine großartige musikalisch-poetische Ausdeutung des Gedichts von Heinrich Heine. Mit einfühlsamer Melodik und tonmalerischer Darstellung der Spannung und Dramatik, die Heines Versen innewohnen, sang Láng große Oper. Alle Facetten einer großen Arie, vom Pathos zum schönsten Pianissimo, in leichter Attitüde. Angesichts solcher Interpretation erklangen die ersten, verdienten Bravi aus dem Publikum.
Eine weitere Vertonung Heinrich Heines – „Am Rhein, im schönen Strome“– sang sie herzergreifend schön und schlicht, wie auch Goethes „Freudvoll und leidvoll“, das ungarische Abschiedslied „Isten veled“(„Lebe wohl“), und „Ihr Glocken von Marling“mit perlenden Klavierglockentönen. Nikolaus Lenaus Schelmenlied von den „Drei Zigeunern“war dann bereits Puszta pur, die sich dann in Johannes Brahms Zyklus op. 103 (acht „Zigeunerlieder“) weiter auffalten durfte. Dorottya Láng war bei dieser Sammlung ungarischer Volkslieder authentisch, funkelnd und begeisternd. Das ist ihre Musik!
Die Lieder von Richard Strauß „Das Rosenband“, „Nichts“, „Traum durch die Dämmerung“und „Zueignung“, meisterlich gesungen und begleitet, beschlossen das außergewöhnliche Konzert. Der anstrengenden Woche – drei Konzerte beim Oxford Lieder Festival, am Freitagabend in Budapest das Oratorium „Elias“und eben am Samstagabend Mertingen – war geschuldet, dass Strauß’ „Georginen“entfielen.
Dafür gab es eine traumhaft schöne, zart gesungene Zugabe von Johannes Brahms: „Es träumte mir, ich sei dir teuer“. Beglückender kann ein Liederabend kaum enden: Die Zuhörer wollten gar nicht gehen, versicherten sich und den beiden wunderbaren Protagonisten, welch hinreißendes Sängerfest man soeben erlebt habe. Mit einem Zitat aus „Zueignung“sei daher geendet: Habet Dank!