Bahnchefs müssen aufräumen
Zu teuer, zu spät und zu chaotisch: Die Bundesregierung kritisiert die Manager der Deutschen Bahn und verlangt bis März einen Konzernumbau. Immerhin sind weitere Streiks vorerst vom Tisch
Berlin Für Bahnkunden ist das Zugfahren in den vergangenen Jahren zwar immer teurer geworden, dennoch können sich die Kunden nicht darauf verlassen, dass der Betrieb reibungslos funktioniert. Nun macht die Bundesregierung dem Staatskonzern Druck.
Der Parlamentarische Staatssekretär im Verkehrsministerium, Enak Ferlemann (CDU), fordert einen raschen Umbau des Unternehmens. „Wir sind besorgt darüber, wie der Db-vorstand das System Bahn fährt. Mit der Leistung kann man nicht zufrieden sein“, kritisierte er und machte Führungsfehler für die häufigen Probleme des Unternehmens verantwortlich.
Bei der bundeseigenen Bahn sei eine Neustrukturierung nötig. „Wir erwarten, dass der Vorstand der Bundesregierung bis März ein entsprechendes Konzept vorlegt“, sagte der Beauftragte der Bundesregierung für den Schienenverkehr der
„Erste Ergebnisse wollen wir bei einem Termin im Januar hören.“Der Bund sitzt als Eigentümer auch im Aufsichtsrat und kontrolliert somit das Management. Dabei geht es vor allem darum, die Führungsstrukturen zu straffen und unter anderem die Geschäftsfelder DB Fernverkehr und DB Regio neu zu ordnen oder zu verschmelzen.
Ferlemann kritisierte, es gebe unterhalb der Bahn-holding Aktiengesellschaften mit Vorständen und Aufsichtsräten, „die aneinander vorbei und zum Teil auch gegen die Interessen der anderen Db-gesellschaften entscheiden“. Die Managementebene unterhalb des Vorstands blockiere effiziente Führungsstrukturen. Carsten Schneider, Parlamentarischer Geschäftsführer der
Welt am Sonntag.
Spd-fraktion, forderte der Zeitung zufolge, in den einzelnen Unternehmensteilen müsse „das Denken in Kästchen und Vorgärten aufhören“.
Die Grünen machen die CSU für die Misere verantwortlich. Seit fast zehn Jahren interessierten sich Csu-verkehrsminister nicht dafür, dass die Bahn immer tiefer in die Krise fahre: „Jetzt wird aufgeheult, und das Bahn-management bekommt den schwarzen Peter zugeschoben“, kritisierte Fraktionsvize Oliver Krischer. Konzerntöchter der Bahn müssten verkauft werden, um Investitionen zu erhöhen.
Zudem lässt eine weitere Nachricht vom Wochenende aufhorchen: Wie die berichtet, hat die Bahn in den vergangenen drei Jahren über eine Milliarde Euro für externe Berater ausgegeben. 2015 habe das Unternehmen rund 80 Millionen, 2016 rund 120 Millionen, 2017 sogar 160 Millionen und heuer etwa 150 Millionen Euro an Berater bezahlt, berichtet die Zeitung. Deshalb habe nun Bahnchef
Bild am Sonntag
Richard Lutz eingegriffen und die Beratungskosten auf maximal 100 Millionen Euro pro Jahr gedeckelt.
Auch in der Schweiz ist Kritik an der Deutschen Bahn laut geworden. Qualitätsmängel und zu wenig Investitionen bei der Deutschen Bahn führten zu Problemen auf einer der wichtigsten europäischen Routen, sagte der Chef des eidgenössischen Bundesamts für Verkehr (BAV), Peter Füglistaler. Zuvor schon hatte der Bundesrechnungshof kritisiert, dass beim Erhalt der Infrastruktur vieles falsch laufe und der Investitionsstau zunehme – trotz steigender Bundesmittel. Ein Sprecher der Bahn wies diese Kritik zurück.
Zumindest eine gute Nachricht gibt es für Zugreisende: Die Bahn hat sich mit der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) geeinigt. Streiks sind damit bis zum Jahresende vom Tisch. Das gilt auch für den ungelösten Tarifkonflikt mit der Lokführergewerkschaft GDL.
Die EVG hatte sich nach tagelangen Verhandlungen am Samstagmorgen auf ein Paket mit der Deutschen Bahn verständigt. Es sieht eine Lohnerhöhung von insgesamt 6,1 Prozent in zwei Stufen vor: Zum 1. Juli 2019 sollen die Löhne um 3,5 Prozent steigen, ein Jahr später noch einmal um 2,6 Prozent. Zudem erhalten die Beschäftigten eine Einmalzahlung von 1000 Euro. Die neuen Tarifverträge haben eine Laufzeit von 29 Monaten. Das weitreichende Gesamtpaket umfasst außerdem Verbesserungen für Nachwuchskräfte sowie neue Wahlmöglichkeiten. In dem Tarifkonflikt geht es um insgesamt rund 160000 Beschäftigte. Die EVG vertritt nach eigenen Angaben mit mehr als 100000 Beschäftigten den Großteil der Mitarbeiter.
Die Gewerkschaft Deutscher Lokführer (GDL) hielt sich zum weiteren Vorgehen zunächst bedeckt. Bei der Bahn hieß es: „Wir sind selbstverständlich weiter verhandlungsbereit.“Die GDL hatte die Tarifverhandlungen für gescheitert erklärt. Aber bis zum Jahresende wird sie ihre Mitglieder nicht zu Streiks aufrufen, weil die GDL diesen Schritt nach geltender Regelung erst nach einem Schlichtungsverfahren gehen darf.