Asylbewerber auf Diebestour
20-jähriger Bewohner des Ankerzentrums in Donauwörth entwendet Kleidung und Elektronik im Wert von mehr als 1000 Euro. Kritik an seinen Aussagen. Welche Strafe er erhält
Donauwörth/Augsburg/Nördlingen Eingepackt in seine dicke Winterjacke verfolgt Baboucar das Gerichtsverfahren gegen sich vor dem Amtsgericht Nördlingen. Er soll unter anderem im vergangenen Juni einen Pullover gestohlen haben. „Ich habe kein Geld. Das Überleben im Lager ist schwer und mir war kalt“, sagt er vor Gericht. Insgesamt musste er sich wegen drei Diebstählen verantworten. In allen Fällen war er in Augsburg auf Diebestour. Laut Thomas Scheurer, Leiter der Polizeiinspektion Donauwörth, hat sich die Zahl der Ladendiebstähle auch in der Region erhöht, seit es die Erstaufnahme gibt, die seit August Ankerzentrum heißt.
Der Angeklagte wurde aus der Justizvollzugsanstalt Gablingen zum Prozess gebracht, den Richter Andreas Krug geleitet hat. Seine Taten gibt er mal mehr mal weniger zu. Der Mann, der kürzlich 20 Jahre alt geworden ist, soll Waren im Wert von insgesamt mehr als 1000 Euro gestohlen haben. Bei der ersten Tat, bei der er erwischt worden ist, hat er in einem Kaufhaus unter anderem Sportschuhe, zwei Trikots des FC Bayern München und eine Jogginghose eines Markenherstellers in der Sporttasche verschwinden lassen, die er dabei gehabt hat. Der Schaden belief sich auf mehr als 700 Euro. Beobachtet hat Baboucar und seinen Begleiter dabei aber der Kaufhausdetektiv, der die Polizei informiert hat. „Sie sind zusammen in die Umkleidekabine. Das ist mir verdächtig vorgekommen. Anschließend hat der Angeklagte das Umfeld beobachtet, während sein Begleiter Waren eingesteckt hat. Er selbst hat dann auch noch etwas gestohlen. Sie haben auch Sachen gestohlen, die ihnen gar nicht passen, auch Schuhe für Damen“, sagt der Zeuge aus.
Ein weiterer Fall hat sich in einer Einkaufsmeile nahe der Augsburger Innenstadt zugetragen. Dort ist er mit einem anderen Landsmann zunächst in einem Geschäft für Elektronikwaren unterwegs. Das Diebesgut hier: zwei Lautsprecher für insgesamt 119 Euro. „Wir wollten die kaufen, aber der Preis hat uns überrascht. Das kön- nen wir uns nicht leisten. Mein Bekannter hat dann gesagt, lass es uns einfach mitnehmen.“Der Darstellung widersprach ein als Zeuge geladener Mitarbeiter. Baboucar habe den Lautsprecher aus der Verpackung genommen, im Getränkehalter seines Rucksacks verstaut und den Laden verlassen. „Die Videoaufnahmen davon kennen Sie, oder?“, fragt er Richter Krug. Der nickt kurz.
Als der Ladendetektiv ihn stoppt und die Polizei die Taschen durchsucht, wird klar, dass die beiden Männer zuvor bereits in einem Sportgeschäft in der Einkaufsmeile unbemerkt etwas haben mitgehen lassen. In dem Fall Schuhe und ein T-Shirt. Er habe die Sportschuhe bezahlt, die die Beamten in seiner Tasche gefunden haben, versichert der Angeklagte. Die Quittungen seien in dem Schuhkarton gewesen. Dem widerspricht die als Zeugin geladene Polizistin. „Wir waren lange vor Ort und haben gesucht, aber da war nichts.“Der zu den Schuhen gehörende Karton und das Preisschild des T-Shirts lagen noch in dem Sportgeschäft.
Verärgert war der Afrikaner, der die Taten alle zugab, aber stets seine Tatbeteiligung kleinredete, über die dritte Anklage. Unter anderem hat er demnach eine Hose und ein Kleid mitgenommen, ohne zu zahlen. Der Schaden hier 265 Euro. Warum er dafür angeklagt werde, der Ladendetektiv habe ihm 50 Euro abgenommen und die Sache für erledigt erklärt, so der 20-Jährige. „Das war nur die Gebühr des Detektivs“, macht Krug ihm klar. Angesichts der Ausflüchte ist der Richter auch leicht genervt. „Von ihren Geständnissen bei der Polizei bleibt hier nicht mehr viel übrig.“Auch Staatsanwalt Benjamin Rüdiger sieht in den Aussagen „Schutzbehauptungen“.
Krug verurteilt Baboucar zu drei Wochen Jugendarrest und 60 Sozialstunden wegen gemeinschaftlichen Diebstahls. Als entlastend wertet er das „Teilgeständnis“. Auch dass er aus Not gehandelt hat, lassen Krug und der Staatsanwalt nicht gelten, schließlich habe er Luxusartikel entwendet. Krug hob den Haftbefehl auf und gab dem Asylbewerber eine Warnung mit: „Beim nächsten Mal hat es gravierendere Folgen.“