Wildpinkler und Anwohner geraten in Streit
Ein 25-Jähriger uriniert bei Fest in einen Blumenkübel und liefert sich eine Rangelei
Nördlingen Er wollte eigentlich nur mal eben pinkeln, jetzt saß er wegen der Folgen dieser Idee auf der Anklagebank am Amtsgericht in Nördlingen. Ein mittlerweile 25-Jähriger aus dem Umkreis von Stuttgart besuchte im September 2016 das Stadtmauerfest in Nördlingen. Als seine Blase drückte, suchte er sich einen Blumenkübel in einer Seitengasse. Einem Anwohner missfiel das, weshalb er den 25-Jährigen provozierte. Die Männer schubsten sich und nach einem Gerangel gingen beide zu Boden. Der Anwohner soll dabei mehrere Prellungen und eine Platzwunde über dem Auge davongetragen haben. Doch von der Nacht gibt es unterschiedliche Versionen.
Staatsanwalt Konstantin Huber warf dem Angeklagten vor, zusammen mit einer dem Gericht unbekannten Person auf das Opfer losgegangen zu sein. Einer der beiden soll den 34-Jährigen zu Boden gerissen haben, der andere soll ihm einen Kopfstoß versetzt und gegen die Schulter getreten haben. Die Anklage gegen den 25-Jährigen lautete deshalb gemeinschaftliche Körperverletzung. Allerdings zeigte das Opfer zunächst eine andere Person bei der Polizei an. Erst durch vorgelegte Bilder konnte der Angeklagte identifiziert werden.
In seiner ersten Polizeivernehmung gab er auch an, verwechselt worden zu sein. Richter Gerhard Schamann sagte zu Beginn der Verhandlung, dass der Angeklagte nicht für Taten anderer einspringen müsse, sollte er allerdings eine falsche Aussage machen, dann müsse er mit einer drastischen Strafe rechnen. Der 25-Jährige räumte ein, das Stadtmauerfest besucht zu haben. „Ich habe eine schwache Blase und urinierte deswegen in die Blumenvase“, sagte er. Den Konflikt mit dem Anwohner beschrieb er jedoch anders: Er sei alleine gewesen. Bei einem Gerangel sei er dann in den Schwitzkasten genommen worden und fiel zusammen mit dem 34-Jährigen auf das Kopfsteinpflaster. „Mir blieb die Luft weg, als er zudrückte“, beschrieb er die Auseinandersetzung. Daraufhin habe er um sich geschlagen, mit den Händen, den Füßen und auch mit dem Kopf. „Vielleicht habe ich dabei sein Auge erwischt“, sagte der Angeklagte. Außerdem teilte laut dem 25-Jährigen der Anwohner den ersten Faustschlag aus, der ohnehin betrunken gewirkt habe. Er selbst sei zu dem Zeitpunkt nüchtern gewesen.
Der 34-jährige Anwohner gab vor Gericht an, lediglich zwei Bier getrunken zu haben, da seine Freundin schwanger gewesen sei. Dennoch könne er sich mehr als zwei Jahre nach der Tat nicht mehr an alle Details erinnern. Bei seiner ersten Aussage wollte der Geschädigte laut Schamann zunächst von einem kleinen, korpulenteren Mann eine Kopfnuss bekommen haben, ehe sich der Angeklagte einmischte. Später sagte der Anwohner aus, dass der Kopfstoß von dem 25-Jährigen gekommen sei. „Die Beschreibung trifft überhaupt nicht auf unseren Angeklagten zu“, sagte Richter Gerhard Schamann. Weiter nachgehakt hat er nicht. Das Durcheinander schien perfekt.
Ein Freund des Opfers sei damals zu Hilfe gekommen und fixierte den Angeklagten nach eigener Aussage am Boden, dabei erlitt auch er kleinere Verletzungen. Der Freund sprach ebenfalls von einem zweiten Angreifer. Ein anderer Zeuge, der zwischen den Parteien schlichtete, will hingegen nur den Angeklagten und das Opfer gesehen haben.
Nach dieser Aussage schlug der Anwalt des Angeklagten, Marco Müller, dem Gericht wegen der vielen Widersprüche innerhalb der Aussagen ein Angebot von 3000 Euro zugunsten des Opfers und der Einstellung des Verfahrens vor.
Sowohl der Staatsanwalt als auch der Richter gingen auf den Vorschlag der Verteidigung ein. Dann richtete Schamann seine Worte an den Angeklagten: „Holen sie sich einfach die Hälfte des Geldes von dem für uns Unbekannten, den Sie bestimmt kennen.“