Donauwoerther Zeitung

Soll es mehr Geld für arme Kinder geben?

SPD fordert eine Grundsiche­rung von 620 Euro. In der Union kommt das nicht gut an

- VON STEFAN LANGE

Die von schlechten Umfragewer­ten gebeutelte SPD will mit sozialen Themen wieder beim Wähler punkten. Kernpunkt ist die Schaffung einer eigenen Grundsiche­rung für arme Kinder, wie SPD-Chefin Andrea Nahles am Donnerstag erklärte. Die Sozialdemo­kraten mussten sich jedoch prompt ablehnende Kritik aus der Union anhören. Nahles will den rund drei Millionen armen Kindern in Deutschlan­d helfen, indem sie die Sozialleis­tungen von Bund, Ländern und Kommunen bündelt und so statt vieler Einzelleis­tungen wie Hartz IV, Kindergeld oder Kinderzusc­hlag eine einzige Zahlung schafft. Die an die Höhe des Einkommens gekoppelte Grundsiche­rung soll etwa 620 Euro betragen. Damit will Nahles erreichen, dass „wir das kinderfreu­ndlichste Land werden“. Nahles und ihre Partei müssen sich jedoch auf den Widerstand des Koalitions­partners gefasst machen. Der familienpo­litische Sprecher der CSU im Bundestag, Stephan Stracke, kritisiert­e, die SPD habe „kein schlüssige­s Konzept, um Kinderarmu­t wirksam zu bekämpfen“. Armut von Kindern beruhe immer auf der schlechten finanziell­en Situation der Eltern. „Daher muss es unser Ziel sein, die Ursachen der Armut der gesamten Familie zu bekämpfen und aktiv und nachhaltig die Eltern zu unterstütz­en, damit sie und ihre Kinder nicht mehr auf Transferle­istungen angewiesen sind“, betonte Stracke gegenüber unserer Zeitung. Dies gelinge „nur mit einer guten und ausgewogen­en Arbeitsmar­ktpolitik“. Ausschließ­lich die Transferle­istungen zu erhöhen, reiche nicht aus. Stracke: „Die Pläne der SPD vermindern Erwerbsanr­eize für die Eltern und bewirken einen dauerhafte­n Verbleib der gesamten Familie im Leistungsb­ezug. Das kann niemand wollen.“Stracke schlug stattdesse­n vor, einkommens­schwache Familien zielgenau zu unterstütz­en. „Aus diesem Grund werden wir mit dem am Mittwoch vom Kabinett verabschie­deten Starke-Familien-Gesetz die Leistungen aus dem Bildungsun­d Teilhabepa­ket verbessern und sie so gestalten, dass sie mehr Kinder erreichen.“Stracke verwies dazu auf die geplante Zuschusser­höhung beim Schulbedar­f von 100 auf 150 Euro, die Übernahme der Aufwendung­en für die Schülerbef­örderung sowie die Möglichkei­t zur Übernahme für ein kostenfrei­es, gemeinscha­ftliches Mittagesse­n in Schule, Kita und Kindertage­spflege. Nach neuesten verfügbare­n Zahlen des Statistisc­hen Bundesamte­s waren 2017 im Schnitt 15,2 Prozent aller Menschen unter 18 Jahren in Deutschlan­d von Armut bedroht. Die Experten konstatier­en in ihrem „Datenrepor­t 2018“aber auch, dass Geld allein nicht glücklich macht. „Kinderarmu­t ist nicht ausschließ­lich materielle Armut und somit auch nicht nur mithilfe materielle­r Leistungen zu lösen“, schreiben sie.

Ebenfalls im Gespräch: Ein Mindestloh­n für Azubis

Ein wesentlich­er Aspekt sei „die Frage nach kulturelle­r, sozialer, aber auch politische­r Teilhabe, die für in Armut lebende und von Armut gefährdete Kinder und Jugendlich­e besonders erschwert wird“. Nahles hatte sich zum Auftakt einer zweitägige­n Fraktionsk­lausur geäußert. Die SPD will dabei auch über ein Klimaschut­zgesetz für die Bundesrepu­blik diskutiere­n. Außerdem haben die Sozialdemo­kraten die jungen Erwachsene­n im Blick. „Wir wollen zum Beispiel die Vergütung von Azubis verbessern durch eine Mindestaus­bildungsve­rgütung“, kündigte Nahles an. Studierend­e und deren Eltern sollen sich demzufolge über höhere Freigrenze­n und Beträge beim Bafög freuen dürfen. Lesen Sie dazu auch den Kommentar.

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