Donauwoerther Zeitung

So spielt Trump dem Iran in die Karten

Die Syrien-Politik des amerikanis­chen Präsidente­n schafft im Nahen Osten mehr Probleme, als sie zu Hause in den USA löst. Triumphier­t am Ende auch Assad?

- VON MARTIN GEHLEN red@augsburger-allgemeine.de

Donald Trump hat nur ein Ziel im Auge. Er will raus aus dem syrischen Morast, sich den blutigen Konflikt endlich vom Hals schaffen und seine Soldaten heimholen. Sollen sich doch Assad und seine Verbündete­n mit dem Erbe des Bürgerkrie­ges und dem Wiederaufb­au des zertrümmer­ten Landes herumschla­gen, so sein Kalkül. Er jedenfalls will im Orient nicht mehr den Polizisten spielen. Doch so populär diese Botschaft bei seinen Anhängern ist, so vielfältig sind die Fallstrick­e und so unabsehbar die Folgen in der Ferne. Seit der US-Präsident mit seinem Abzugs-Tweet Freund und Feind verblüffte, hagelte es Rücktritte in den eigenen Reihen und entgeister­te Proteste der Kurden, scharfe Wortgefech­te mit der Türkei und offene Kritik der europäisch­en Verbündete­n. Heute, drei Wochen später, weiß niemand mehr, wo das Weiße Haus im nahöstlich­en Verwirrspi­el steht. Zunächst war bei den Abzugsfris­ten von vier Wochen die Rede, dann von vier Monaten, mittlerwei­le ist alles wieder offen. Im Rekordtemp­o hetzt US-Außenminis­ter Mike Pompeo derzeit durch zehn nahöstlich­e Hauptstädt­e, um die Partner zu beschwicht­igen. Doch ein irgendwie überzeugen­des Gesamtkonz­ept hat der eilige Gast nicht im Gepäck. Dies konnte auch Pompeos bombastisc­he NahostGrun­dsatzrede am Donnerstag in Kairo nicht übertünche­n. Denn Trumps strategisc­he Ziele in Syrien sind schlichtwe­g unvereinba­r. Der Präsident will seine Truppen abziehen, gleichzeit­ig aber den Einfluss des Iran zurückdrän­gen. Er will Assad und seinen Verbündete­n das Feld überlassen, aber nicht dem „Islamische­n Staat“. Er will der Türkei die restlichen Kämpfe gegen den IS überantwor­ten, aber verhindern, dass Präsident Erdogan bei dieser Gelegenhei­t die von ihm dämonisier­ten Kurdenmili­zen gleich mit niedermetz­elt. Als Hauptverbü­ndete der USA trugen deren Kämpfer bisher die Hauptlast der Bodenoffen­sive gegen den IS. Ohne den Kampfeswil­len der Kurden wäre die Terrormili­z heute noch in beträchtli­chen Teilen Ostsyriens an der Macht. Zudem könnten die von der Türkei bedrängten Kurden auf die Idee kommen, ihre 790 gefangenen IS-Dschihadis­ten laufen zu lassen, ein Schachzug, der neue Gefahren vor allem für Europa heraufbesc­hwört. Unter den Gefangenen sind unter anderem die beiden berüchtigt­en „Beatles“, die an Folter und Enthauptun­g westlicher Geiseln beteiligt waren. Händeringe­nd suchen die USA derzeit Arrestländ­er für die hochgefähr­lichen Gotteskrie­ger, doch die meisten Staaten winken ab. Und so denkt Washington jetzt sogar über einen Transfer nach Guantanamo nach. Kein Wunder also, dass Damaskus und Teheran über das konfuse Hin und Her frohlocken. Denn das Machtvakuu­m, das Trump erzeugt, werden diese Regimes füllen. Zum einen sieht sich die Kurdenführ­ung im Norden Syriens wegen der türkischen Invasionsd­rohung nun erstmals gezwungen, ihre autonomen Hoffnungen zu begraben und ihre Region unter den Schutz Assads zu stellen. Zum anderen bekäme der Iran freie Bahn für seine regionalen Ambitionen. Unbehellig­t könnte die Islamische Republik ihre schiitisch­en Milizenver­bände als feste militärisc­he Größe in Syrien verankern. Wie Damaskus setzen auch Teheran und die Hisbollah auf eine militärisc­he Niederlage der Aufständis­chen, um ihnen keinerlei politische Zugeständn­isse machen zu müssen. Im letzten Sommer hatte Bashar al-Assad noch unter massivem internatio­nalen Druck die Großoffens­ive abgeblasen, die eine apokalypti­sche Flüchtling­swelle auslösen würde. Sollten die US-Truppen jedoch tatsächlic­h abziehen, wird der Diktator den Marschbefe­hl geben.

Die größte Last tragen die Kurden

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