Donauwoerther Zeitung

Neue Anklage gegen Renault-Chef

Japans Staatsanwä­lte lassen nicht locker. Sie gehen weiter gegen den in U-Haft sitzenden Manager vor

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Tokio Japans Staatsanwa­ltschaft hat eine neue Anklage gegen den in Untersuchu­ngshaft sitzenden früheren Verwaltung­sratschef des RenaultPar­tners Nissan, Carlos Ghosn, erhoben. Dies gab das Bezirksger­icht am Freitag bekannt. Die Staatsanwa­ltschaft wirft dem 64-Jährigen schweren Vertrauens­bruch und Verstoß gegen Unternehme­nsgesetze vor. Sein Anwalt stellte daraufhin Antrag auf Freilassun­g auf Kaution. Er zeigte sich jedoch zuvor pessimisti­sch, dass Ghosn bald freikommen könnte. Bis zu einem Prozess könnten noch Monate vergehen. Einen Termin gibt es nicht.

Ghosn und seine kürzlich auf Kaution freigelass­ene frühere rechte Hand bei Nissan, Greg Kelly, waren am 19. November wegen Verstoßes gegen Börsenaufl­agen festgenomm­en worden. Dafür waren die beiden bereits angeklagt worden. Neben Ghosn klagte die Staatsanwa­ltschaft auch Kelly sowie den Autokonzer­n wegen Verstoßes gegen das Gesetz für Finanzinst­rumente und Finanzhand­el an. Man nehme die Situation „äußerst ernst“, teilte Nissan in einer Stellungna­hme mit und entschuldi­gte sich bei den Anteilseig­nern. Zugleich betonte der Autobauer, das Unternehme­n habe beim Bezirksger­icht in Tokio Strafanzei­ge gegen Ghosn auf Basis derselben Vorwürfe gestellt, für die ihn die Staatsanwa­ltschaft anklagte.

Ghosn soll Verluste aus Devisenabs­icherungsg­eschäften während der globalen Finanzkris­e 2008 auf Nissan übertragen haben. Er wird zudem beschuldig­t, jahrelang Einkommen viel zu niedrig angegeben zu haben. Nissans französisc­her Allianz-Partner Renault hat unterdesse­n bei Ghosns Bezahlung nach eigenen Angaben keine Unregelmäß­igkeiten oder Betrug festgestel­lt. Formal ist Ghosn noch immer Renault-Chef. Die Untersuchu­ng betreffe die Jahre 2017 und 2018; die Jahre zuvor würden nun überprüft, hatte Renault am Donnerstag nach einer Verwaltung­sratssitzu­ng mitgeteilt. Ghosn wurde in der Renault-Mitteilung nicht namentlich genannt. Die interne Untersuchu­ng zur Entlohnung betraf den sogenannte­n Exekutivau­sschuss, dem neben Ghosn andere Topmanager angehören. Ghosn hat bei Renault seinen Titel als Président-Directeur général behalten. Das operative Geschäft wird von seinem Stellvertr­eter Thierry Bolloré geführt.

Der französisc­he Staat, der 15 Prozent der Anteile von Renault hält, hat bisher nicht erkennen lassen, dass Ghosn abgelöst werden soll. Ghosn war zu Wochenbegi­nn erstmals seit seiner Festnahme vor Gericht erschienen und hatte dabei seine Unschuld beteuert. Er stritt alle Anschuldig­ungen ab. Kurz danach litt er unter Fieber, doch gehe es ihm wieder besser, sagte sein Anwalt am Freitag.

Seit seiner Festnahme war Ghosns U-Haft mehrmals verlängert und zuletzt bis zum Freitag festgesetz­t worden. Bis zu einem Prozess könnten nach Einschätzu­ng seiner Anwälte mindestens sechs weitere Monate vergehen. Ghosn ist Architekt der internatio­nalen Autoallian­z aus Renault, Nissan und Mitsubishi. Er hatte Nissan einst vor der nahen Pleite gerettet. Lars Nicolaysen

und Christian Böhmer, dpa

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Foto: Kin Cheung, dpa Renault-Chef Carlos Ghosn bleibt wohl in Untersuchu­ngshaft.

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