Geister von gestern
Doris Dörrie holt zur Vergangenheitsbewältigung Japan ins Allgäu
In den letzten zwanzig Jahren hat Doris Dörrie in ihren Filmen („Erleuchtung garantiert“, „Kirschblüten – Hanami“, „Grüße aus Fukushima“) eine ausgeprägte Affinität zur japanischen Kultur entwickelt. Für die deutschen Reisenden war die Konfrontation mit der fremden, faszinierenden Kultur immer auch ein Mittel zur Selbstreflexion. In „Kirschblüten und Dämonen“geht Dörrie nun den umgekehrten Weg und holt die fernöstliche Irritation in die bayrische Heimat.
Nach dem Tod seiner Eltern Rudi (Elmar Wepper) und Trudi (Hannelore Elsner) vor zehn Jahren ist der jüngste Sohn Karl (Golo Euler) aus der Bahn geraten. Die Bänkerkarriere in Tokio hat er aufgegeben. Die eigene Ehe ist in die Brüche gegangen und aufgrund massiver Alkoholprobleme darf Karl seine Tochter nur noch unter Aufsicht des Jugendamts sehen. Dann steht eines Tages die Japanerin Yu (Aya Irizuki) vor der Tür, die Rudi vor seinem Tod in Tokio kennengelernt hat. Sie besucht mit Karl das Grab der Eltern und deren leer stehendes Haus im Allgäu. Hier zwischen den alten Holzwänden stecken nicht nur die Erinnerungen an eine unglückliche Kindheit, sondern auch fellige Dämonen aus der Vergangenheit.
Japanischer Gespensterglaube und tiefbayerische Rituale treffen in „Kirschblüten und Dämonen“aufeinander – eine gewagte, aber überraschend stimmige ästhetisch-esoterische Melange, die Dörrie bruchlos mit dem gesellschaftlich Konkreten verbindet. Hier scheinen sich vielfältige Motive aus Dörries bisherigen Werken zum Tanz verabredet zu haben, in dem sich Lebenssinnsuche, Vergangenheitsbewältigung, Todesnähe und zärtlicher Humor die Hand reichen. Dabei ist vielleicht kein Meisterwerk herausgekommen, aber ein Film, der mit den Suchbewegungen seiner Hauptfigur im Einklang ist.
» Kirschblüten & Dämonen (1 Std. 50 Min.), Drama, Deutschland 2019 Wertung ★★★✩✩