Bayerns SPD verliert ihre letzten Bastionen
Nach dem angekündigten Rückzug des Nürnberger OB Ulrich Maly steht die Partei mit dem Rücken zur Wand. Doch auch für alle anderen wird es spannend
Und jetzt auch noch Ulrich Maly. Als wäre der Aderlass bei den bayerischen Sozialdemokraten nicht schon schmerzhaft genug, verlieren sie jetzt auch noch den populären und über Parteigrenzen hinweg respektierten Nürnberger Oberbürgermeister. Der 58-jährige Maly tritt bei der Kommunalwahl kommendes Jahr nicht mehr an und stellt sich auch für andere Aufgaben in der SPD nicht zur Verfügung. Damit ist der Traum vieler Sozis ausgeträumt, Maly bei der nächsten Landtagswahl als Spitzenkandidat gegen Markus Söder ins Rennen zu schicken.
Das hätte ein reizvolles Szenario ergeben können. Innerhalb der Stadtgrenzen Nürnbergs nämlich spielte Söder neben Maly stets die zweite Geige. Und es wäre nicht nur ein Duell Nürnberger gegen Nürnberger geworden, sondern auch ein Duell zweier Männer, die sich bestens kennen und obendrein persönlich wie politisch gut miteinander können.
Hätte, hätte, Fahrradkette. Mehr noch als mit der Landtagswahl 2023 müssen sich die Sozialdemokraten ohnehin mit der Kommunalwahl in einem Jahr beschäftigen. Nach ihrem Niedergang in der Landespolitik scheint auch die Zeit ihrer Vorherrschaft in Bayerns Großstädten zu Ende zu gehen.
Augsburg – einst eine SPDHochburg – ist schon seit 2008 unter Kurt Gribl in CSU-Hand. Würzburg ging 2013/2014 an die CSU. Der Regensburger SPD-Oberbürgermeister Joachim Wolbergs steht vor Gericht und dürfte politisch erledigt sein. Nürnberg ohne Maly ist für die Sozialdemokraten keine sichere Bank mehr. Da bleibt neben kleineren Städten wie Passau, Erlangen oder Fürth nur noch München, wo Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) sich allerdings auch erst einmal gegen zwei ambitionierte Frauen – eine Grüne, eine von der CSU – wird behaupten müssen.
Die SPD-Dominanz in den Städten gehörte – ebenso wie die CSUDominanz im Landtag und in der Fläche – viele Jahrzehnte zu den Konstanten in der bayerischen Politik. Zuletzt gingen 2014 noch zehn der 25 Oberbürgermeister-Sessel an die SPD. Auf dem Land hatte die Partei wenig zu melden. Sie stellt aktuell nur drei von 71 Landräten und nur knapp 240 von 2031 Bürgermeistern. Die Kommunalwahl 2020 könnte tektonische Verschiebungen im politischen Gefüge mit sich bringen – und zwar nicht nur für die SPD.
Die CSU konkurriert ideologisch mit den Grünen und praktisch mit den Freien Wählern, ihrem Koalitionspartner in der Staatsregierung. Die Grünen sind wild entschlossen, ihre Basis in der Fläche zu stärken und zusätzlich wenigstens ein oder zwei Oberbürgermeisterämter zu erobern. In Aschaffenburg, Landshut und vielleicht auch Regensburg stehen ihre Chancen gar nicht so schlecht. Die Freien Wähler wiederum werden versuchen, ihr Wurzelgeflecht in der Fläche zu festigen. Mit ihren drei Ministern (Wirtschaft, Bildung, Umwelt) stehen ihnen dazu ganz neue Mittel der Exekutive zur Verfügung.
Kurz gesagt: Die nächsten Kommunalwahlen werden so spannend wie lange nicht mehr. Zwar sind Kommunalwahlen immer zuerst von den Verhältnissen und Persönlichkeiten vor Ort geprägt, wie zuletzt die außerplanmäßige OB-Wahl 2017 in Landhut zeigte, die der FDP-Mann Alexander Putz für sich entscheiden konnte. In der Summe aber deuten die Ergebnisse eben doch darauf hin, wohin das Land mittel- und langfristig steuert.
Die Bayern-SPD steht in dieser Auseinandersetzung mit dem Rücken zur Wand. Die Zeiten, in denen drei mächtige SPD-Oberbürgermeister in München, Nürnberg und Augsburg ein Gegengewicht zur CSU-Staatsregierung bildeten, sind jedenfalls lange vorbei.
Freie Wähler und Grüne sind wild entschlossen