Regierung will Dieselfahrer beruhigen
Verkehr Fahrverbote soll es nur selten geben. Und die Kontrollen bleiben stichprobenartig
Berlin Da mag die Abkürzung „Bimschg“noch so harmlos drollig klingen – am Bundes-Immissionsschutzgesetz scheiden sich die Geister. Denn das „Bimschg“soll geändert werden, um die Abgasbelastung in Ballungsräumen zu senken. Leidgeplagte Anwohner hoffen endlich auf bessere Luft. Doch für Dieselfahrer ist „Bimschg“ein absolutes Reizwort, das für die Angst vor Fahrverboten in vielen deutschen Innenstädten, den Wertverlust des eigenen Wagens und Verdruss über Politik und Autoindustrie steht.
Ganz so schlimm, wie es zunächst aussah, kommt es für viele Besitzer von Selbstzündern bei der Neufassung des „Bimschg“nun doch nicht. Denn die Bundesregierung hat ihren ersten Entwurf vom vergangenen November deutlich entschärft. Sie will weniger Dieselautos aus deutschen Städten aussperren, Fahrverbote seltener verhängen und nur stichprobenartig kontrollieren lassen. Darauf haben sich Union und SPD geeinigt, über die entsprechende Änderung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes stimmt der Bundestag am Donnerstag ab. Zuvor beschloss am Dienstag der Umweltausschuss des Bundestags in einer Sondersitzung das Maßnahmenpaket, zu dem auch eine Änderung des Straßenverkehrsgesetzes gehört.
Kernpunkt ist ein erweiterter Handlungsspielraum der Kommunen bei der Verhängung von Fahrverboten. Fahrverbote sollen demnach bei einer Stickstoffdioxid-Belastung von unter 50 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft in der Regel als unverhältnismäßig gelten. Zunächst sollen andere Maßnahmen zur Luftreinhaltung ausgeschöpft werden. Der Grenzwert von 40 Mikrogramm bleibt aber weiter gültig. Die Europäische Union hatte dieser Bestimmung kürzlich zugestimmt. 17 betroffene Städte, darunter Augsburg und Würzburg, werden so wohl von Fahrverboten verschont.
Anja Weisgerber (CSU), Klimaschutzbeauftragte der Unionsfraktion, sagte gegenüber unserer Redaktion: „Unser Ziel ist saubere Luft für die Menschen, aber mit Augenmaß und ohne Fahrverbote. Deshalb werden wir gesetzlich festlegen, dass Fahrverbote unverhältnismäßig sind, wenn der StickoxidGrenzwert bis zu 10 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft überschritten wird.“Es sei wesentlich sinnvoller, Fahrzeuge wie Müllautos und Busse nachzurüsten, als Dieselfahrer zu belasten, die nur ab und zu in die Städte fahren, so Weisgerber.
Dort, wo an Fahrverboten dennoch kein Weg vorbeiführt, erlaubt die Neuregelung mehr Ausnahmen. So sollen Handwerker- und Lieferfahrzeuge eine Sondererlaubnis bekommen, die bundesweit gilt – und nicht, wie zunächst geplant, nur in bestimmten, besonders belasteten Gebieten. Auch Fahrzeuge privater Entsorger sollen von Fahrverboten verschont bleiben. Kommunen können weitere Ausnahmen zulassen.
Statt einer flächendeckenden Überwachung von Fahrverboten soll es laut der Neufassung nun nur Stichproben mit mobilen Geräten geben. Verdeckte Datenerhebung oder Videoaufnahmen sind nicht erlaubt. Daten müssen nach spätestens zwei Wochen gelöscht werden. Damit reagiert die Bundesregierung auf datenschutzrechtliche Bedenken, die unter anderem aus dem Bundesrat kamen. Ulrich Lange (CSU), der für Verkehr zuständige Unionsfraktionsvize, sagte unserer Redaktion: „Bei den Kontrollen von Diesel-Fahrverboten steht für uns die Verhältnismäßigkeit im Vordergrund. Wir wollen die Autofahrer schließlich nicht kriminalisieren.“
Grünen-Fraktionsvize Oliver Krischer kritisierte die Pläne der Regierung. Durch mehr Ausnahmen könne die Dauer von Fahrverboten sogar steigen. Am „PlaceboCharakter“des Gesetzes ändert sich nichts. Die FDP befürchtet einen „bundesweiten Flickenteppich von Ausnahmen“und immensen bürokratischen Aufwand.