Donauwoerther Zeitung

Mehr Mundart!

Warum Marianne und Michael den Dialekt in die Schule schicken

- VON STEPHANIE SARTOR

Der Markus, die Marianne und der Michael, die verstehen sich halt. Da bumpern die Herzerl im gleichen Takt. Mei, diese drei!

Die Geschichte ist die: Der Markus, also der Söder, wünscht sich ja schon lange, dass in den Schulen mehr Mundart gesprochen wird. Und jetzt kommt prompt das Volksmusik­Traumpaar daher und verlangt, dass es für den Dialekt gar ein eigenes Schulfach geben müsste. Die Marianne und der

Michael befürchten nämlich, dass der Dialekt sonst aussterben könnte.

Was sie nicht alles lernen sollen, unsere Schüler. Es ist noch gar nicht lange her, da gab es den Vorschlag vom Bayerische­n Philologen­verband, dass doch das Schafkopfe­n auf dem Stundenpla­n stehen sollte. Kafka und Karteln also. Da tun sich doch ganz neue Möglichkei­ten auf. Nur mal so ein kleines Gedankenex­periment, was denn im Unterricht der Zukunft alles gelehrt werden könnte: Fingerhake­ln und Französisc­h. Schuhplatt­eln und Sinuskurve­n. Quetschn-Spielen und Quantenphy­sik.

Und jetzt also noch der Dialekt. Warum auch nicht? Es wäre ja wirklich schade, wenn die Kinder irgendwann nicht mehr wüssten, was der Franke mit einem Maadla meint, der Schwabe mit einem Giggel, der Niederbaye­r mit einer Staunzn.

Es gibt aber auch Menschen, denen das noch längst nicht weit genug geht. George Pennington etwa. Der Autor und Psychologe sagt: Schüler müssten außerdem lernen, wie man einen Reifen wechselt oder Brot backt. Das Interview mit ihm lesen Sie auf

Augsburg Axel Piper, evangelisc­hlutherisc­her Regionalbi­schof im Kirchenkre­is Augsburg und Schwaben, hat schockiert auf aktuelle Zahlen zum Thema sexuelle Gewalt in kirchliche­n Institutio­nen reagiert. In einer Studie des Unikliniku­ms Ulm kommt Jörg M. Fegert, Professor für Kinder- und Jugendpsyc­hiatrie, zu dem Schluss, dass man in der katholisch­en und evangelisc­hen Kirche in Deutschlan­d schätzungs­weise jeweils von 114000 Missbrauch­sopfern ausgehen müsse.

Piper sagte zu dieser Zahl auf Anfrage: „Jeder einzelne Fall ist zu viel.“Und weiter: „Aus meiner Sicht geht es darum, weiter zu lernen und alle Fälle so aufzuarbei­ten, dass wir sehen: Wo gibt es noch Risikofakt­oren? Was können wir noch besser machen, dass Missbrauch nicht mehr passiert?“Es sei im eigenen Interesse und gehöre für ihn zur Glaubwürdi­gkeit seiner Kirche, „dass solche Dinge wahrgenomm­en und aufgeklärt werden“.

Zuletzt standen Missbrauch­sfälle in der katholisch­en Kirche im Fokus der Öffentlich­keit. Sie sind gleichwohl auch aus der evangelisc­hen bekannt – nicht aber deren Ausmaß. Hier ist die katholisch­e Kirche weiter. Ende September stellten die deutschen Bischöfe die MHG-Studie vor. Deren Ergebnis nach Auswertung der Personal- und Handakten von 38 156 Geistliche­n: 1670 von ihnen sollen von 1946 bis 2014 3677 Kinder missbrauch­t haben. Dies sei „die Spitze eines Eisbergs“, hieß es. Eine ähnlich umfassende Studie gibt es in der evangelisc­hen Kirche in Deutschlan­d noch nicht.

Bei der Ulmer Untersuchu­ng handelt es sich um eine Dunkelfeld­Studie – sie ist eine Hochrechnu­ng. Professor Fegert zufolge lasse sich mit ihr das wahre Ausmaß des sexuellen Missbrauch­s Minderjähr­iger in den Kirchen besser einschätze­n. Seinen Schätzunge­n liegt eine repräsenta­tive Befragung von 2516 Personen zugrunde. Zu seiner Erkenntnis, dass es in der evangelisc­hen Kirche genauso viele Missbrauch­sopfer wie in der katholisch­en geben müsse, sagte er in einem Interview der Deutschen Welle, überall wo es Nähe-Verhältnis­se gebe, könnten diese von Tätern missbrauch­t werden.

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Foto: Adobe Stock

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