Eine neue Behörde für Nördlingen
Soziales Mit Feierstunde wird das Amt für öffentlich-rechtliche Unterbringung eröffnet. Mitarbeiter haben keine einfache Aufgabe
Nördlingen Selten verläuft das Leben stets geradeaus, oft zwängt es einen in eine Kurve, manchmal ist es eine besonders üble. Es gibt Menschen, die das wegstecken, die nach jedem Schicksalsschlag aufstehen und nach einer Kurve sofort wieder auf die Gerade gelangen. Doch es gibt andere, die verzweifeln und im Leben keinen Weg mehr finden, die für sich und für andere zur Gefahr werden. Auch im Donau-Ries-Kreis geschieht es immer wieder, dass die Polizei eingreifen muss und Menschen in eine psychiatrische Klinik, beispielsweise nach Donauwörth, bringt.
Dann gebe es mehrere Szenarien, erklärt Dorothea Gaudernack: Beispielsweise könnten die Ärzte feststellen, dass keine psychische Erkrankung vorliegt, und der Patient verlässt die Klinik. Oder er sieht selbst ein, dass er krank ist, und bleibt freiwillig. Tut er das nicht, kann ihm via Gericht ein Betreuer zur Seite gestellt werden, der in Vermögens- oder etwa Gesundheitsangelegenheiten für ihn entscheidet. Oder der Kranke wird gegen seinen Willen nach dem neuen bayerischen Psychisch-KrankenHilfe-Gesetz für einige Wochen in der Klinik untergebracht. Dann kommen Gaudernack und das neue Amt für öffentlich-rechtliche Unterbringung in Nördlingen ins Spiel. Denn wenn genau diese Patienten beispielsweise mit ihrer Behandlung in der Klinik unzufrieden sind, können sie sich bei diesem Amt beschweren.
Es ist eine der vielen Aufgaben der neuen Behörde, deren Eröffnung gestern gefeiert wurde. Sie gehört zum Zentrum Bayern Familie und Soziales, genau wie das Amt für Maßregelvollzug, das die Nördlingerin Gaudernack ebenfalls leitet. Zum Festakt kam gestern Bayerns Sozialstaatssekretärin Carolina Trautner nach Nördlingen. Sie sagte, das neue Bayerische PsychischKranken-Hilfe-Gesetz solle einen Beitrag leisten, um Menschen mit einer psychiatrischen Diagnose zu entstigmatisieren. Es müsse aber auch den Ausgleich schaffen zwischen den Belangen der Betroffenen und der Kernaufgabe des Staates, der seine Bürger schützen müsse. Das Gesetz stelle einen Meilenstein für die Stärkung der psychiatrischen Versorgung in Bayern dar. Doch weitere Schritte seien sinnvoll und notwendig, teils müsse noch nachgebessert werden. Zudem müssten die Verwaltungsvorschriften vertieft werden – genau da kommt ebenfalls das neue Amt für öffent- lich-rechtliche Unterbringung ins Spiel.
Gaudernack selbst begrüßte die Gäste – so, wie sie es auch vor drei Jahren getan hatte, als das Amt für Maßregelvollzug eingeweiht wurde. Sie habe sich noch nie so sehr gefreut, jeden Tag ein Dienstgebäude zu betreten, wie das des Amtes: „Einen solchen Team-Spirit, eine derartige Begeisterung für die nicht immer leichte Aufgabe, ein gemeinsames Brennen für die gute Sache, habe ich noch nie erlebt. Damit haben wir gemeinsam etwas Besonderes geschaffen.“Das neue Amt für öffentlich-rechtliche Unterbringung übernehme die Fachaufsicht nach dem Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetz. Gaudernack sagte, sie sei zuversichtlich, dass es eine gute, wachsame und anerkannte Fachaufsichtsbehörde werde.
Oberbürgermeister Hermann Faul lobte das große Fachwissen und Fingerspitzengefühl der Nördlingerin. Er freute sich darüber, dass der Freistaat Bayern seine Heimatstrategie fortsetze – damit werden Arbeitsplätze aus den Metropolen aufs Land verlagert beziehungsweise dort neu geschaffen: „Die Stadt wird sich weiterhin bemühen, ein guter Standort zu sein.“
Landrat Stefan Rößle hatte vor drei Jahren über den nun erfolgten Behörden-Ausgleich zwischen Nördlingen und Donauwörth gesprochen – und war danach deutlich kritisiert worden. Am Freitag nun meinte er mit einem Schmunzeln, dass er seine eigene Heimatstrategie für den Landkreis mittlerweile verändert habe. Nein, Nördlingen und Donauwörth Hand in Hand an der Spitze des Landkreises sei es nicht mehr. Viel mehr setzte er auf die Kraft der zwei Herzen Nördlingen und Donauwörth, die lebhaft miteinander konkurrierten. Am Freitag habe das Nördlinger Herz höhergeschlagen. Doch, so Rößle in Richtung des CSU-Landtagsabgeordneten Wolfgang Fackler: „Lieber Wolfgang, es kommen sicher Tage, wo das Donauwörther Herz pocht.“
Der Angesprochene wiederum meinte, der Landkreis Donau-Ries sei der einzige mit zwei Oberzentren. Man hätte eines daraus machen können, doch die Konkurrenzsituation bringe auch Vorteile. Fackler verglich die Städte mit zwei Rennfahrern: „Der eine stachelt den anderen an.“