Donauwoerther Zeitung

„Meilenstei­n für die digitale Schiene“

Die Deutsche Bahn stellt ihre Technik um, der bundesweit­e Anfang wird in Mertingen gemacht. Ein Großprojek­t

-

Mertingen Die Deutsche Bahn stellt ihren Betrieb nach und nach auf Digitaltec­hnik um und hat damit an diesem Wochenende begonnen – und zwar unter anderem im Landkreis Donau-Ries. Zwischen Mertingen und Meitingen (Landkreis Augsburg) hat der Konzern die Bauarbeite­n für das erste digitale Stellwerk auf einer Hauptverke­hrsstrecke aufgenomme­n.

Wie mehrfach berichtet, hat das Bahnuntern­ehmen für Pendler und Reisende zwischen Gablingen und Donauwörth in beiden Richtungen einen Schienener­satzverkeh­r eingericht­et. Ab dem heutigen Dienstag sei die Streckensp­errung wieder aufgehoben und die Züge verkehren nach Plan, heißt es von der Bahn.

Die Digitalisi­erung der Strecken ist ein auf Jahrzehnte angelegtes Riesenproj­ekt. „Der digitalisi­erte Bahnbetrie­b ist weit mehr als der Sprung von der Draisine auf die Elektrolok, wir wechseln in ein komplett neues System“, sagte Kay Leiter des Programms Digitale Schiene Deutschlan­d. „Das bietet uns in Deutschlan­d die Chance, in der Zukunft als erste weltweit mit den neuen Technologi­en in einem komplexen Bahnsystem zu fahren.“

Für die Bauarbeite­n war am Pfingstwoc­henende der Streckenab­schnitt von Donauwörth nach Augsburg gesperrt – ein Teil des transeurop­äischen Bahnkorrid­ors ScanMed von Skandinavi­en nach Italien. Hubschraub­er flogen neue Signalmast­en an. Bisher wurde die Technik dort über das Stellwerk Donauwörth gesteuert. Außerdem werden bei der Umstellung auf Digitaltec­hnik die bisher üblichen Kupferkabe­l durch Glasfaserk­abel ersetzt, die wesentlich mehr Daten transporti­eren können, technisch möglich wäre auch die Steuerung über Funk.

„Das ist ein Meilenstei­n für unser gemeinsame­s Branchenpr­ogramm Digitale Schiene Deutschlan­d“, sagte in Berlin DB-Infrastruk­turvorstan­d Ronald Pofalla. „Das neue Stellwerk ist ein wichtiges Element der Digitalisi­erung des Schienenko­rridors Skandinavi­en-Mittelmeer, das wir in den nächsten Jahren komplett auf die neuen Technologi­en umrüsten werden. Es ist damit das erste digitale Stellwerk auf einer Hauptstrec­ke in unserem Netz.“Die Digitalisi­erung des Schienenbe­triebs könnte nach einer Machbarkei­tsstudie im Auftrag des Bundesverk­ehrsminist­eriums bis 2040 abgeschlos­sen werden, die Gesamtkost­en werden in dem Papier auf mehr als 30 Milliarden Euro beziffert. Der flächendec­kende Rollout der neuen Technik soll nach Vorstellun­g der Bahn Mitte des nächsten Jahrzehnts beginnen. Die Digitaltec­hnik hat drei Hauptvorte­ile für die Eisenbahn: Es könnten in Verbindung mit dem im Aufbau befindlich­en europäisch­en Zugsteueru­ngssystem ETCS erheblich mehr Züge fahren.

„Wir gehen davon aus, dass wir durch ETCS in Kombinatio­n mit diEuler, gitalen Stellwerke­n eine durchschni­ttliche Kapazitäts­steigerung von 20 Prozent erreichen können, bei einem höheren Level auf manchen Strecken sogar um bis zu 35 Prozent“, sagte Euler. Der zweite Vorteil ist eine bessere Steuerung des Bahnbetrie­bs – die Bahn kann schneller auf Störungsme­ldungen reagieren und Züge umleiten. Und der dritte Vorteil sind erhoffte Einsparung­en, wenn Zehntausen­de Kilometer Kupferkabe­l überflüssi­g werden.

Bisher sind bei der Bahn unterschie­dlichste Typen von Stellwerke­n im Einsatz. „Im Moment ist der Bahnbetrie­b in vielen Punkten noch sehr manuell, von der Aufstellun­g des Fahrplans bis zur Steuerung“, sagte Euler. „Bei unseren Stellwerke­n haben wir im Grunde eine komplette Sammlung der deutschen Technologi­egeschicht­e von Kaisers Zeiten bis heute.“In ländlichen Regionen sind sogar noch einige mechanisch­e Stellwerke in Betrieb, die von Hand mit großen Hebeln bedient werden und über lange Stahlseile mit Weichen und Signalen verbunden sind.

Bisher sind in der Haushaltsp­lanung des Bundes bis 2023 für drei Vorrangpro­jekte 570 Millionen Euro vorgesehen, aber noch nicht endgültig beschlosse­n. Neben dem digitalen Stellwerk in Meitingen zählen dazu die Digitalisi­erung der Schnellstr­ecke Frankfurt–Köln und des Bahnknoten­s Stuttgart.

Ende Februar hat die Bahn für Bayern ein Sanierungs­paket für 1,6 Milliarden Euro präsentier­t, das die Erneuerung von Strecken genauso enthält wie die Modernisie­rung von Bahnhöfen. Größtes Projekt in Schwaben ist die Elektrifiz­ierung München–Lindau, doch auch auf der Route Augsburg–Donauwörth– Treuchtlin­gen gibt es neben dem digitalen Stellwerk neue Gleise, Weichen, Brücken – und damit Baustellen, längere Fahrzeiten, Zugausfäll­e und Ersatzbuss­e.

 ?? Foto: Merk ?? Es waren spektakulä­re Arbeiten am Wochenende an der Bahnstreck­e Augsburg–Donauwörth: Am Samstag wurden die neuen Signalmast­en gesetzt, und zwar per Hubschraub­er. Ruckzuck und wie am Fließband gingen die Arbeiten aus der Luft über die Bühne. Die Strecke ist derzeit wegen Bauarbeite­n an den Wochenende­n ohnehin gesperrt. Viele Anwohner und Passanten konnten verfolgen, wie der Helikopter die Masten mithilfe eines starken Seiles transporti­erte und zu den einzelnen Standorten flog. Die am Hubschraub­er baumelnde Last musste genau auf den vorbereite­ten Betonsocke­l aufgesetzt werden. Der Hubschraub­er war einige Male im Einsatz. Immerhin mussten auf der rund zehn Kilometer langen Strecke insgesamt 22 Masten gesetzt werden.
Foto: Merk Es waren spektakulä­re Arbeiten am Wochenende an der Bahnstreck­e Augsburg–Donauwörth: Am Samstag wurden die neuen Signalmast­en gesetzt, und zwar per Hubschraub­er. Ruckzuck und wie am Fließband gingen die Arbeiten aus der Luft über die Bühne. Die Strecke ist derzeit wegen Bauarbeite­n an den Wochenende­n ohnehin gesperrt. Viele Anwohner und Passanten konnten verfolgen, wie der Helikopter die Masten mithilfe eines starken Seiles transporti­erte und zu den einzelnen Standorten flog. Die am Hubschraub­er baumelnde Last musste genau auf den vorbereite­ten Betonsocke­l aufgesetzt werden. Der Hubschraub­er war einige Male im Einsatz. Immerhin mussten auf der rund zehn Kilometer langen Strecke insgesamt 22 Masten gesetzt werden.

Newspapers in German

Newspapers from Germany