Lässt uns ein Cent für Plastiktüten umdenken?
Aldi verlangt künftig Geld für dünne Knotenbeutel – und erntet dafür Kritik
Augsburg Für klassische Plastiktüten müssen Verbraucher schon längst zahlen, nun sollen auch die dünnen Plastikbeutel in der Obstund Gemüseabteilung nicht länger kostenlos sein. Der Lebensmitteldiscounter Aldi will ab Sommer einen symbolischen Cent für die sogenannten Knotenbeutel verlangen. Kunden sollen stattdessen auf Obstund Gemüsebeutelchen aus nachwachsenden Rohstoffen setzen. Ziel des Konzerns ist es, die Verbraucher zum Umdenken zu bewegen. Der Billiganbieter will damit eine Vorreiterrolle einnehmen. „Wir würden uns freuen, wenn andere Händler mitziehen. Denn nur durch eine branchenweite Lösung können wir bei der Reduzierung der Plastiktüte einen großen Schritt nach vorne machen“, sagte Aldi-Managerin Kristina Bell. Der Lebensmitteldiscounter ist mit über 30 Milliarden Euro Umsatz der viertgrößte im deutschen Markt. Die Erfahrung bei den normalen Plastiktüten habe gezeigt, dass Umdenken einsetze, wenn Geld dafür verlangt werde. „Ein ähnliches Prinzip verfolgen wir mit dem symbolischen Cent für unsere Einwegtüten im Obst- und Gemüsebereich“, sagt Bell.
Doch genau daran gibt es Zweifel: Verhaltensökonom Felix Klimm von der Ludwig-Maximilians-Universität München glaubt nicht, dass der Preis von einem Cent ausreicht, um bei Menschen eine signifikante Verhaltensänderung auszulösen. „In der klassischen ökonomischen Theorie sollte dieser Preis keinen Unterschied ausmachen, da er zu gering ist“, erklärt der Wissenschaftler. Jeder Konsument stelle eine Kosten-Nutzen-Rechnung auf, im Fall der Tütchen überwiege der Nutzen bei den meisten Menschen die Kosten. Allerdings könne der Preis den Kunden einen Denkanstoß geben, auf ein Problem aufmerksam machen. „Umwelt- und Ressourcenschutz ist ein Dauerthema, daher kann der eine Cent an das Umweltbewusstsein der Verbraucher appellieren“, sagt Klimm. Weitaus effektiver wäre aber eine höhere Bepreisung, sodass auch die Kosten-Nutzen-Analyse den Konsumenten dazu bringe, sich gegen das Tütchen zu entscheiden.
Die Branche der Lebensmittelhändler setzt seit Jahren auf wissenschaftliche Ansätze im Marketing. Die Initiative von Aldi verwendet laut Klimm eine Methode aus der Verhaltensökonomie – das Nudging (zu Deutsch Schubs). „Aldi versucht durch andere Werkzeuge als den Preis eine Verhaltensänderung herbeizuführen.“Nudging werde in Supermärkten erfolgreich eingesetzt – etwa, wenn es darum geht, Konsumenten für teure Markenprodukte zu gewinnen.
Während der Verbrauch an klassischen Plastiktüten in den vergangenen Jahren drastisch gesunken ist, wurden 2018 in Deutschland nach
Edeka will dem Beispiel nicht folgen
Angaben des Bundesumweltministeriums noch rund drei Milliarden der dünnen Knotenbeutel verbraucht, ähnlich viele wie in den Jahren zuvor. Dennoch gibt es auch von der stellvertretenden Geschäftsführerin der Deutschen Umwelthilfe, Barbara Metz, Kritik an der Kampagne. „Dass Aldi auf Einwegplastiktüten für Obst und Gemüse einen Betrag von einem Cent erheben will, ist reine Symbolpolitik“, sagt sie. Die DUH fordert einen Preis von mindestens 22 Cent pro Knotenbeutel, alles andere sei „Effekthascherei“. Fraglich ist auch, ob es Nachahmer geben wird: „Bisher werden die Kontenbeutel dem Kunden frei zur Verfügung gestellt. Diesen Service lässt sich Aldi zukünftig bezahlen und verdient auch noch an der Maßnahme“, rügte ein EdekaSprecher. Mehr dazu lesen Sie auf der und im