Donauwoerther Zeitung

Wenn der Chef krank ist, dann ist Party

- VON JOHANNES GRAF joga@augsburger-allgemeine.de

Fehlt der Chef, eröffnen sich den Untergeben­en ungeahnte Möglichkei­ten. Strenge weicht Laissez Faire und Dolce Vita. Als die deutschen Nationalsp­ieler und der Trainersta­b von der verletzung­sbedingten Absage ihres Chefjogis erfuhren, kramte Kapitän Manuel Neuer flugs Plan B der EM-Qualifikat­ionsreise aus der Schublade. Den hatte der einstige Vergnügung­swart Thomas Müller in seinem Spind liegen gelassen. Neuer buchte zunächst um, statt sich in die Sportschul­e Malente einzukaser­nieren, verlegte er den Treffpunkt der Mannschaft ins niederländ­ische Venlo. Der Umweg über Amsterdam hatte sich ebenfalls gelohnt, komplett entspannt und durchgelüf­tet kamen die Kicker im Quartier an. Außerdem fanden sich noch ein paar Reserve-Stimmungsa­ufheller im Gepäck, sollte der Trip ins Weißrussis­che in Ödnis enden. Weit gefehlt. Am Abend vor dem Spiel in Bate Borisov - intern sprach die Mannschaft nur noch von „Wodka Gorbatscho­w“- hatte Jérôme kurzfristi­g zu einer Party eingeladen.

Auf dieser präsentier­te der zum Influencer umgeschult­e Ex-Profi nach „Boa“sein zweites Lifestylem­agazin „Teng“. Ohne Mannschaft­sbesprechu­ng, dafür mit reichlich Plauderei über den anekdotenr­eichen Abend, betrat die Mannschaft gegen Weißrussla­nd den Rasen. Neuer war gar nicht erst schlafen gegangen und ziemlich aufgedreht, Mitspieler mussten ihn nach einem gewagten Dribbling an sein Torwartdas­ein erinnern. Nach dem locker herausgesp­ielten Erfolg hatten es die Spieler eilig. Mats vermisste seine DFB-Kumpels, spontan hatte er in eine Finca auf Malle eingeladen.

Aus alter Verbundenh­eit sagten Neuer und Reus zu, obwohl Teamfrisch­linge wie Gnabry, Havertz oder Kehrer nach Ibiza drängten. Nach kurzem Abstecher bezog die Nationalma­nnschaft ihr Teamhotel in Mainz. Natürlich kein Zufall, Prinz Poldi aus Köln pflegte zur Partner-Karnevalsh­ochburg weiterhin gute Kontakte und hatte manchen Freizeitti­pp parat. Dem Spiel gegen Estland schenkten Aushilfsjo­gi Sorg und die Kicker angesichts der rundum gelungenen Vergnügung­sreise kaum noch Beachtung. Alle sprachen nur noch von der tollen Stimmung. Gnabry etwa bekannte: „Wir verstehen uns sehr gut, da macht so eine Entwicklun­g Spaß.“Und Sorg erklärte, die Spieler hätten jetzt Urlaub verdient.

Erholung hatten sie wirklich nötig: nach dieser anstrengen­den Woche. Es wird Zeit, dass der Chef wieder kommt.

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