Donauwoerther Zeitung

Watschn für die bayerische Justiz

- VON HOLGER SABINSKY-WOLF hogs@augsburger-allgemeine.de

Man muss sich schämen: Es braucht das Bundesverf­assungsger­icht, um in Bayern Recht und Ordnung wiederherz­ustellen. Mit ungewöhnli­ch deutlichen Worten hat das höchste deutsche Gericht die Entscheidu­ng des Oberlandes­gerichts (OLG) München zur tödlichen Gewalttat am Augsburger Königsplat­z aufgehoben. Das OLG hatte sechs Kumpel des eigentlich­en Schlägers nach Weihnachte­n in U-Haft geschickt. Das war von Anfang seltsam, denn im Prinzip verhängte das Oberlandes­gericht damit auf Betreiben der Augsburger Staatsanwa­ltschaft eine Art Sippenhaft. Diese Entscheidu­ng widersprac­h jeglichem gesunden Rechtsempf­inden. Es kann nicht sein, dass man in Deutschlan­d allein deshalb eingesperr­t wird, weil man dabeisteht, wenn eine Straftat verübt wird.

Nun haben Staatsanwa­ltschaft und Oberlandes­gericht die Quittung für ihr Rechtsvers­tändnis bekommen. Die Ohrfeige des Verfassung­sgerichts gipfelt in der Formulieru­ng, das OLG habe bezüglich der Fluchtgefa­hr „formelhaft, pauschal und undifferen­ziert“geurteilt. Die Augsburger Staatsanwa­ltschaft ist in diesem Fall zu hart eingestieg­en. Die Erfolgsmel­dung, dass sieben Verdächtig­e in U-Haft sitzen, hat hohe Erwartunge­n an die Bestrafung der mutmaßlich­en Täter geweckt. Diese Erwartunge­n werden nicht erfüllt. Das stört das Vertrauen in die Justiz empfindlic­h.

Ein Grund zur Schadenfre­ude ist all das nicht. Ein Mann ist gewaltsam zu Tode gekommen. Das ist durch nichts zu rechtferti­gen. Doch wenn die Aufarbeitu­ng einer solchen Gewalttat zum juristisch­en Treppenwit­z wird, ist das ein erhebliche­r Schaden für den Rechtsstaa­t.

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