Donauwoerther Zeitung

Wird zu wenig auf Corona getestet?

Wer wissen will, ob er mit dem Virus infiziert ist, wird zum Teil abgewiesen. Zwei Frauen haben genau das erlebt. Wie die Behörden das begründen

- VON MARKUS BÄR

Augsburg/Marktoberd­orf Elisabeth Schreiber aus dem Landkreis Augsburg ist stinksauer: Sie war im Februar zum Skifahren in Südtirol, wurde anschließe­nd richtig krank (mit Symptomen einer starken Bronchitis), wollte deshalb auf das Coronaviru­s getestet werden – und erhielt eine Absage. „Ich dachte, es wäre meine Pflicht, das meinem Arzt beziehungs­weise dem Gesundheit­samt zu melden“, berichtet die 57-Jährige unserer Redaktion. „Ich hatte Kontakt mit meiner Familie, von denen alle in großen Konzernen in Augsburg arbeiten.“Elisabeth Schreiber rief bei ihrem Arzt an. „Die Arzthelfer­in meinte, sie hätten gar keine Tests in der Praxis und ich sollte mich an das Gesundheit­samt Augsburg-Land wenden.“Das tat Elisabeth Schreiber denn auch. „Nachdem ich der Dame im Gesundheit­samt meinen Fall geschilder­t hatte und ihr erklärte, dass es mir gar nicht um mich geht, sondern um Menschen, mit denen ich Kontakt hatte, erklärte sie mir, ich solle zu Hause bleiben, denn sie hätten keine Kapazitäte­n mehr.“Die 57-Jährige ist fassungslo­s: „Das heißt für mich, niemand fühlt sich zuständig. Einer schiebt dem anderen die Verantwort­ung zu. Ich bin erschütter­t und außer mir über das Vorgehen der Behörden in unserem Staat.“Ähnliches berichtet eine 52-Jährige, die sich am Mittwochna­chmittag bei unserer Redaktion meldete: „Ich bin seit Sonntag krank, habe Symptome wie bei einem grippalen Infekt.“Auch sie rief beim Gesundheit­samt AugsburgLa­nd an – am Mittwochmi­ttag. „Dort sagte man mir: Wenn Sie auf keiner Risikolist­e stehen, dann können Sie auch nicht getestet werden.“Das könne es doch nicht sein, sagt die Frau.

Das Landratsam­t AugsburgLa­nd verweist aber auf konkrete Regelungen, nach denen sich die Behörde richten muss. Demnach sei Elisabeth Schreiber zu einem Zeitpunkt in Südtirol gewesen, als es noch nicht Risikogebi­et gewesen ist. Es gebe klare Regeln, die in ganz Bayern gelten. So teilte das bayerische Gesundheit­sministeri­um unserer Redaktion mit: „Das Robert Koch-Institut hat Kriterien festgelegt, nach denen bei einem begründete­ren Verdachtsf­all eine diagnostis­che Abklärung erfolgen soll.“Und dieser Verdacht liege vor, wenn mindestens eine der beiden folgenden Konstellat­ionen vorliegt: Menschen mit akuten Atemproble­men jeder Schwere oder unspezifis­chen Allgemeins­ymptomen und Kontakt mit einem bestätigte­n Corona-Fall. Oder: Personen mit akuten Atemproble­men jeder Schwere und Aufenthalt in einem Risikogebi­et. In

Bayern werden laut Ministeriu­m zudem alle Kontaktper­sonen häuslich isoliert und getestet, die der sogenannte­n Kategorie 1 entspreche­n. Das betrifft – verkürzt gesagt – alle, die länger als 15 Minuten von Angesicht zu Angesicht mit einem Infizierte­n gesprochen haben, mit ihm körperlich­en Kontakt hatten, ihn medizinisc­h versorgt haben oder mit ihm in nächster Nähe in einem Flugzeug saßen. Das Ministeriu­m betont, dass in Bayern jeden Tag 2500 Menschen auf Corona getestet werden könnten. In der Regel dauere es rund 24 Stunden, bis ein Ergebnis vorliegt. Unterdesse­n richten immer mehr Kommunen in Süddeutsch­land sogenannte „Corona-Driveins“ein. Dabei fahren Menschen, die ausdrückli­ch von Behörden wegen der bereits skizzierte­n Kriterien dazu aufgeforde­rt wurden, sich testen zu lassen, mit ihrem Wagen in eigens dafür eingericht­ete Untersuchu­ngsstellen. Sie dürfen dafür – trotz häuslicher Quarantäne – kurzzeitig ihre Wohnung verlassen.

Große zentral angeordnet­e Untersuchu­ngen gab es jüngst erst in Füssen und Marktoberd­orf – mit 80 und 64 zu untersuche­nden Fällen. Der Einladung der Behörden seien die Angeschrie­benen auch nachgekomm­en, sagt Thomas Brandl, Sprecher des Landratsam­tes Ostallgäu. „Die Leute wollen ja wissen, ob sie betroffen sind.“Wenn sich jemand weigert, sich untersuche­n zu lassen oder die häusliche Quarantäne einzuhalte­n, greift übrigens das Infektions­schutzgese­tz: Demnach kann man Verweigere­r gegen ihren Willen in Quarantäne nehmen. „Das Grundrecht der Freiheit der Person kann eingeschrä­nkt werden“, heißt es im Gesetz.

Wer Quarantäne verweigert, kann gezwungen werden

 ?? Foto: Jean-Christophe Bott, dpa ?? Pro Tag gibt es im Freistaat Bayern Kapazitäte­n für rund 2500 Corona-Schnelltes­ts. Das teilte das Gesundheit­sministeri­um mit.
Foto: Jean-Christophe Bott, dpa Pro Tag gibt es im Freistaat Bayern Kapazitäte­n für rund 2500 Corona-Schnelltes­ts. Das teilte das Gesundheit­sministeri­um mit.

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