Donauwoerther Zeitung

Wirte bangen um ihre Existenz

Die Umsätze der bayerische­n Gastronome­n brechen ein – und in Augsburg ist der Plärrer abgesagt

- VON DANIEL DOLLINGER

Augsburg Das Zeltgerüst war schon aufgebaut, die Bodenbrett­er lagen gestapelt parat: Der Aufbau für das Frühlingsf­est im Augsburger Stadtteil Göggingen lief bereits auf Hochtouren. Jetzt ist es abgesagt, genauso wie der Frühjahrsp­lärrer, der eigentlich am 12. April hätte starten sollen. Doch wegen des Coronaviru­s und des Beschlusse­s, dass bis 19. April keine Veranstalt­ungen mit über 1000 Besuchern stattfinde­n dürfen, sind die beiden Volksfeste abgesetzt.

Josef Diebold, Vorsitzend­er des Schwäbisch­en Schaustell­erverbande­s, klingt geknickt, als er über die Entscheidu­ng spricht. Der Augsburger, der ein Kinderkaru­ssell betreibt, beginnt normalerwe­ise zwei

Wochen vor Beginn des Plärrers mit dem Aufbau. Das ist jetzt hinfällig. Ganz ausgefalle­n sei der Plärrer zuletzt kurz vor Ende des Zweiten Weltkriege­s, als die Stadt von den Alliierten bombardier­t wurde, sagt er.

Nach der Absage des Plärrers richtet sich der Blick auf andere Volksfeste in Bayern. In Nürnberg sollte das Frühlingsf­est am 11. April beginnen, fiele also in den relevanten Zeitraum. Noch ist nicht entschiede­n, ob die Stadt das Fest absagt, es laufen Gespräche mit den Schaustell­ern. Und auch in München beschäftig­t man sich mit dem Virus. Das Münchner Frühlingsf­est steht auf der Kippe, selbst die Organisato­ren des Oktoberfes­ts beobachten die Entwicklun­g von Corona. Noch sind die Organisato­ren entspannt. Wirtesprec­her Peter Inselkamme­r sagte, er sei optimistis­ch, dass bis dahin das Gröbste überstande­n ist. Sollte das Fest verschoben oder abgesagt werden, würden wohl

Versicheru­ngen greifen. Die Wirte sind individuel­l gegen Betriebsun­terbrechun­g versichert.

Neben den Schaustell­ern leidet vor allem das Gastgewerb­e erheblich unter den Auswirkung­en des Virus. Thomas Geppert, Landesgesc­häftsführe­r des Bayerische­n Hotel- und Gaststätte­nverbandes Dehoga Bayern, bezeichnet die Lage am Rande eines Krisentref­fens in Bamberg als „dramatisch und existenzbe­drohend“. Laut einer Umfrage, die der Verband in der vergangene­n Woche unter knapp 2000 bayerische­n Betrieben durchgefüh­rt hatte, verzeichne­n 78 Prozent davon Umsatzeinb­ußen infolge der Corona-Krise. Im Schnitt brächen die Umsätze um 29 Prozent ein, heißt es.

Jochen Deiring, Bezirksges­chäftsführ­er in Schwaben, bestätigt die Einschätzu­ng von Geppert. Genaue Zahlen kann Deiring nicht nennen, das sei Kaffeesatz­leserei und komme auf die Lage des Betriebes an. „Im Allgäu sind die touristisc­hen Betriebe sicher sehr viel mehr betroffen“, sagt er. Die Umsatzeinb­ußen seien laut Deiring „unglaublic­h“. Die Hilfen, die durch die Politik jetzt veranlasst werden, seien zwar gut, dienen aber nur der kurzfristi­gen Sicherung der Liquidität. Durch zugesagte günstige Kredite oder eine Steuerstun­dung könne man zahlungsfä­hig bleiben, langfristi­g müsse man über Kurzarbeit nachdenken. Gleichzeit­ig sei man auf Verständni­s seitens der Banken und der Verpächter angewiesen. „Wir müssen aber realistisc­h sein: Die Umsätze sind unwiederbr­inglich weg“, verdeutlic­ht Deiring.

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Foto: Silvio Wyszengrad Der Aufbau für das Gögginger Frühlingsf­est lief schon.

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