Wirte bangen um ihre Existenz
Die Umsätze der bayerischen Gastronomen brechen ein – und in Augsburg ist der Plärrer abgesagt
Augsburg Das Zeltgerüst war schon aufgebaut, die Bodenbretter lagen gestapelt parat: Der Aufbau für das Frühlingsfest im Augsburger Stadtteil Göggingen lief bereits auf Hochtouren. Jetzt ist es abgesagt, genauso wie der Frühjahrsplärrer, der eigentlich am 12. April hätte starten sollen. Doch wegen des Coronavirus und des Beschlusses, dass bis 19. April keine Veranstaltungen mit über 1000 Besuchern stattfinden dürfen, sind die beiden Volksfeste abgesetzt.
Josef Diebold, Vorsitzender des Schwäbischen Schaustellerverbandes, klingt geknickt, als er über die Entscheidung spricht. Der Augsburger, der ein Kinderkarussell betreibt, beginnt normalerweise zwei
Wochen vor Beginn des Plärrers mit dem Aufbau. Das ist jetzt hinfällig. Ganz ausgefallen sei der Plärrer zuletzt kurz vor Ende des Zweiten Weltkrieges, als die Stadt von den Alliierten bombardiert wurde, sagt er.
Nach der Absage des Plärrers richtet sich der Blick auf andere Volksfeste in Bayern. In Nürnberg sollte das Frühlingsfest am 11. April beginnen, fiele also in den relevanten Zeitraum. Noch ist nicht entschieden, ob die Stadt das Fest absagt, es laufen Gespräche mit den Schaustellern. Und auch in München beschäftigt man sich mit dem Virus. Das Münchner Frühlingsfest steht auf der Kippe, selbst die Organisatoren des Oktoberfests beobachten die Entwicklung von Corona. Noch sind die Organisatoren entspannt. Wirtesprecher Peter Inselkammer sagte, er sei optimistisch, dass bis dahin das Gröbste überstanden ist. Sollte das Fest verschoben oder abgesagt werden, würden wohl
Versicherungen greifen. Die Wirte sind individuell gegen Betriebsunterbrechung versichert.
Neben den Schaustellern leidet vor allem das Gastgewerbe erheblich unter den Auswirkungen des Virus. Thomas Geppert, Landesgeschäftsführer des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbandes Dehoga Bayern, bezeichnet die Lage am Rande eines Krisentreffens in Bamberg als „dramatisch und existenzbedrohend“. Laut einer Umfrage, die der Verband in der vergangenen Woche unter knapp 2000 bayerischen Betrieben durchgeführt hatte, verzeichnen 78 Prozent davon Umsatzeinbußen infolge der Corona-Krise. Im Schnitt brächen die Umsätze um 29 Prozent ein, heißt es.
Jochen Deiring, Bezirksgeschäftsführer in Schwaben, bestätigt die Einschätzung von Geppert. Genaue Zahlen kann Deiring nicht nennen, das sei Kaffeesatzleserei und komme auf die Lage des Betriebes an. „Im Allgäu sind die touristischen Betriebe sicher sehr viel mehr betroffen“, sagt er. Die Umsatzeinbußen seien laut Deiring „unglaublich“. Die Hilfen, die durch die Politik jetzt veranlasst werden, seien zwar gut, dienen aber nur der kurzfristigen Sicherung der Liquidität. Durch zugesagte günstige Kredite oder eine Steuerstundung könne man zahlungsfähig bleiben, langfristig müsse man über Kurzarbeit nachdenken. Gleichzeitig sei man auf Verständnis seitens der Banken und der Verpächter angewiesen. „Wir müssen aber realistisch sein: Die Umsätze sind unwiederbringlich weg“, verdeutlicht Deiring.