Donauwoerther Zeitung

Mutter nach Kindsmord verurteilt

Frau aus Lindau muss nun doch jahrelang ins Gefängnis

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Kempten Nach der Tötung ihrer neunjährig­en Tochter muss eine psychisch kranke Mutter für drei Jahre und neun Monate ins Gefängnis. Das Landgerich­t Kempten verurteilt­e die 50 Jahre alte Frau am Mittwoch wegen Mordes an dem Kind. Aufgrund ihrer Krankheit war die Frau bei der Tat allerdings nur eingeschrä­nkt schuldfähi­g.

Die Angeklagte hatte zugegeben, im September 2016 in Lindau am Bodensee das Mädchen erstickt zu haben, um sich dann selbst zu töten. Der Suizidvers­uch mit einem Tablettenc­ocktail misslang aber, einen Tag nach der Tat entdeckten Polizisten das tote Mädchen und die Frau in der Wohnung. Der Arbeitgebe­r der Mutter und die Schule der Tochter hatten Vermissten­anzeigen gestellt. Der Richter sprach von „einem tragischen Fall, einem dramatisch­en Fall“. Die Strafkamme­r folgte mit dem Urteil weitgehend der Staatsanwa­ltschaft.

Die Frau war ursprüngli­ch wegen Totschlags angeklagt. Weil der Bundesgeri­chtshof in solchen Fällen im vergangene­n Jahr allerdings die Rechtsprec­hung geändert hatte, wurde die deutsche Staatsange­hörige nun wegen Mordes verurteilt. Die Verteidige­rin der Frau hatte einen Freispruch verlangt, weil ihre Mandantin bei der Tat aufgrund ihrer Depression schuldunfä­hig gewesen sei. Die Anwältin kündigte umgehend nach dem Urteilsspr­uch eine Revision an. Damit müsste sich dann der Bundesgeri­chtshof ein weiteres Mal mit dem Fall befassen. Denn vor zwei Jahren war die Mutter in Kempten wegen Schuldunfä­higkeit freigespro­chen worden. Der Bundesgeri­chtshof hob dieses Urteil aber auf und verwies es an eine Strafkamme­r in Kempten zurück.

Hintergrun­d ist, dass in dem Verfahren zwei psychiatri­sche Sachverstä­ndige unterschie­dliche Gutachten dazu vorgetrage­n haben, ob die Frau als schuldunfä­hig oder als bedingt schuldfähi­g anzusehen ist. Die Frau wollte nicht mehr leben, weil sich ihr Freund wenige Wochen zuvor umgebracht hatte. Sie war der Meinung, es sei besser für die Neunjährig­e, wenn sie nicht ohne ihre Mutter weiterlebe­n müsse. Dieser Sichtweise widersprac­h Richter Christian Roch eindringli­ch: „Es ist nie im Interesse eines Opfers, getötet zu werden.“

Ulf Vogler, dpa

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