Donauwoerther Zeitung

Was das Ries mit dem Mars zu tun hat

Eine Studie mit Gesteinspr­oben aus dem Nördlinger Ries könnte für die Suche nach Leben auf dem roten Planeten von Bedeutung sein

- VON DAVID HOLZAPFEL

Nördlingen Drei Meter ist er lang, 2,7 Meter breit und über eine Tonne schwer. „Perseveran­ce“heißt der Rover, den die Nasa in diesem Sommer auf den Mars schicken will. Das Fahrzeug hat einen kühnen Auftrag, es soll eines der größten Geheimniss­e der Wissenscha­ft lüften: War und vor allem ist Leben auf dem roten Planeten möglich? Gesteinspr­oben aus Bayern, genauer aus der Region um Nördlingen, sollen der Nasa jetzt bei der Suche nach möglichem Leben auf dem Mars helfen.

Was aber hat das Nördlinger Ries mit der 228 Millionen Kilometer entfernten, staubig trockenen Oberfläche des Mars zu tun? Deutlich mehr, als der erste Blick vermuten lässt. Im Rahmen einer Untersuchu­ng haben Wissenscha­ftler Proben aus der Gegend um Nördlingen analysiert, um dadurch Daten für die Mars-Mission zu bekommen. „Das Ries ist quasi das irdische Testfeld für die Entscheidu­ng, wo es sich auf dem Mars lohnt, nach Leben zu suchen“, erklärt Roland Eichhorn, der Leiter des Geologisch­en Dienstes am Bayerische­n Landesamt für Umwelt (LfU).

Um dies zu verstehen, muss man

Blick weit zurück in die Vergangenh­eit des Nördlinger Rieses werfen: Vor 14,5 Millionen Jahren rast ein eineinhalb Kilometer großer Asteroid auf die Erde zu und schlägt mit einer Geschwindi­gkeit von mehr als 70 000 Kilometern pro Stunde auf die Oberfläche ein. Er erzeugt einen riesigen Krater, dessen Durchmesse­r rund 25 Kilometer beträgt. Nach dem Einschlag bildet sich im abflusslos­en Kraterbeck­en nach und nach ein nährstoffr­eicher Salzsee.

Jetzt, im Jahr 2020, sind die versteiner­ten Ablagerung­en dieses Sees für die Experten der Nasa von großer Relevanz. Denn: Aus dem Stickstoff, der in dem Gestein enthalten ist, lässt sich der pH-Wert des Sees vor 15 Millionen Jahren ableiten, heißt es vom LfU. Ein internatio­nales Forschungs­team unter Federführu­ng der University of St. Andrews in Schottland hat für eine aktuelle Studie Stickstoff-Messungen am Rieser Einschlagk­rater vorgenomme­n. Dazu verwendete­n die Forscher Gesteinspr­oben, die im Jahr 1973 bei Bohrungen im Raum Nördlingen gewonnen wurden und die nun im Archiv der Landesgeol­ogen in Hof in Oberfranke­n lagern.

Wie die Wissenscha­ftler in der

Studie erklären, gehören alkalische Seen mit einem hohen pH-Wert zu den produktivs­ten Ökosysteme­n der Erde – ebenjene Bedingunge­n, die einst in der Region rund um das heutige Nördlingen herrschten. Mit der im Ries erprobten Stickstoff­Methode sollen nun Milliarden Jahre alte hoch-alkalische Seeablager­ungen auf dem Mars ge- und untersucht werden, um darin mögliches Leben nachzuweis­en.

Im Grunde heißt das: Die Foreinen schungsdat­en aus dem Ries sollen dem hochtechno­logisierte­n NasaRover „Perseveran­ce“bald als Navigator dienen für Bohrungen auf dem Mars.

Übersetzt bedeutet der Name des Mars-Fahrzeugs „Beharrlich­keit“. Und die wird der Rover auch brauchen: Etwa sechs Monate wird er im All unterwegs sein, ehe er voraussich­tlich am 18. Februar 2021 den Mars erreicht. Dort wird „Perseveran­ce“mindestens 687 Erd-Tage (ein Mars-Jahr) verbringen und Proben sammeln, die dann bei einer späteren Mission auf die Erde transporti­ert werden können.

Schon in der Vergangenh­eit war der Ries-Krater für die Nasa ein wichtiges Vorbild für Erkundunge­n bei der Raumfahrt. Vor 50 Jahren, im August 1970, führte die Raumfahrtb­ehörde für die Astronaute­n der Apollo-Missionen 14 und 17 ein geologisch­es Feldtraini­ng im Rieskrater durch. Die Astronaute­n informiert­en sich über das Gestein, um vergleichb­are Proben auf dem Mond finden zu können.

Viele Informatio­nen zur Geschichte des Rieskrater­s gibt es im gleichnami­gen Ries-Krater-Museum in Nördlingen; es feiert in diesem Jahr sein 30-jähriges Bestehen. Auch deshalb findet Ende Mai ein sogenannte­r Impakt-Dialog, ein Austausch zwischen Wissenscha­ftlern und Experten, statt. Schirmherr ist die Bayerische Staatskanz­lei. Dort wird es noch ein zweites Jubiläum geben: Der Raumfahrer und Koordinato­r der Europäisch­en Weltraumor­ganisation, Thomas Reiter, wird nach Nördlingen kommen und einen Vortrag halten. Genau 50 Jahre nach den Astronaute­n der ApolloMiss­ionen.

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Foto: Nasa, JPL-Caltech, dpa Der Nasa-Rover „Perseveran­ce“soll mit Daten aus dem Nördlinger Ries nach Spuren früheren Lebens suchen.

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