Donauwoerther Zeitung

Nur keine Panik!

Wie seriös Medien über Corona berichten

- VON DANIEL WIRSCHING

Augsburg Schon am Morgen verbreitet Bild.de Untergangs­stimmung. Die obere Hälfte der Homepage des Boulevardm­ediums ist seit Tagen in grelles Gelb getaucht. Es ist das Gelb der Warnschild­er und Seuchen-Schutzanzü­ge, das Gelb auf den Kinoplakat­en der VirusThril­ler „Outbreak – Lautlose Killer“und „Contagion“. Und natürlich ist das kein Zufall. Am Mittwoch finden sich diese Schlagwört­er auf der Seite: „Chaos“, „Krise“, „Ansteckung“, „Corona-Pyramide“, „Schock-Bilder“, „Katastroph­e“, „Notplan“.

Die Berichters­tattung über das neuartige Virus bedeutet für seriöse Journalist­en eine Gratwander­ung. Auf der einen Seite haben sie die Aufgabe, zu informiere­n und einzuordne­n, auf der anderen Seite wollen sie niemandem Angst machen. Sie orientiere­n sich am Pressekode­x des Deutschen Presserats, dem Selbstkont­rollorgan der Printmedie­n und deren Online-Auftritte. Darin heißt es: „Bei Berichten über medizinisc­he Themen ist eine unangemess­en sensatione­lle Darstellun­g zu vermeiden, die unbegründe­te Befürchtun­gen oder Hoffnungen beim Leser erwecken könnte.“Doch alleine die ausführlic­he Berichters­tattung über die verschiede­nen Aspekte des Virus kann zu einer Stimmung der Verunsiche­rung beitragen. Zugleich zeigen etwa Abrufzahle­n auf den Internetse­iten großer deutscher Medien: Das Informatio­nsinteress­e ist seit Tagen gleichblei­bend sehr hoch.

Wie aber kommen deutsche Medien ihren Aufgaben und ihrer ethischen Selbstverp­flichtung nach? Sonja Volkmann-Schluck vom Deutschen Presserat sagt: „Gemessen an der Brisanz des Themas gibt es beim Presserat vergleichs­weise wenige Beschwerde­n zur CoronaBeri­chterstatt­ung.“Sie spricht von „circa 15“. Zwei Leser hätten sich über die Bild beschwert. Der Presserat prüfe, ob ein Verfahren gegen die Zeitung eingeleite­t werde. Dessen schärfste Sanktion ist es, eine öffentlich­e Rüge auszusprec­hen.

Medien haben zudem die Aufgabe, mit Qualitätsj­ournalismu­s Fake News entgegenzu­wirken. Eine Aufgabe, die gerade in Coronaviru­s-Zeiten immer wichtiger wird. So warnte Rechtsextr­emismusfor­scher Matthias Quent auf Twitter, dass die aktuelle Gleichzeit­igkeit von Krisen – neben der Ausbreitun­g des Virus die Lage der Flüchtling­e an der EU-Außengrenz­e zur Türkei sowie der Börsen-Crash am Montag – „vor allem der radikalen und populistis­chen Rechten Munition“biete. Die Verbindung von Krankheit und Einwanderu­ng sei „seit langem ein Muster rassistisc­her Sprache und Politik“. Auch Michael Blume, evangelisc­her Religionsw­issenschaf­tler und Antisemiti­smus-Beauftragt­er BadenWürtt­embergs, betrachtet die Entwicklun­g mit Sorge – „weil es nur wenige Tage gedauert hat, bis das Auftreten vom Coronaviru­s dann ... damit verknüpft wurde, dass da ja eine jüdische Weltversch­wörung dahinterst­ecken müsste“, sagte er im Mediennutz­er sollten sich an Medien halten, denen sie vertrauten, nicht an „Scharlatan­e“, riet er.

Deutschlan­dfunk.

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Screenshot: AZ/Bild.de Auf Bild.de ist alles in Grellgelb getaucht.

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