Wirtschaftliche Katastrophe für die Liga
Ligenleiter Tripcke skizziert die Folgen des Saisonabbruchs in der Deutschen Eishockey-Liga. Auch die Profis haben finanzielle Einbußen. Erfüllt sich der Wunsch der DEL nach Hilfe?
Augsburg Kaffeetrinken statt Training: Die Profis der Augsburger Panther versammeln sich am Mittwochvormittag in der Kaffeeküche ihrer Umkleide. Das übliche Anschwitzen vor dem ersten Play-offSpiel am Abend gegen den ERC Ingolstadt entfällt, die Spieler diskutieren über das plötzliche Ende. Mit einem Knall hatte die Liga am Dienstag die Saison in der Deutschen Eishockey-Liga für beendet erklärt. Keine K.-o.-Runde wird gespielt, kein Meister gekürt. „Das ist schon verrückt, von einer Sekunde auf die andere ist alles vorbei, für das man fast ein Jahr lang hingearbeitet hat“, sagt Nationalverteidiger Simon Sezemsky. Der gebürtige Füssener wird wie seine Teamkollegen finanzielle Einbußen hinnehmen müssen, denn in den Verträgen sind Play-off-Prämien eingearbeitet, die allerdings auch von der Anzahl der Heimspiele und dem Zuschauerzuspruch abhängig sind. Details verrät keiner, aber der Nationalverteidiger räumt ein: „Finanziell ist es schlecht für uns.“Sezemsky will sich als Nationalspieler in den kommenden Wochen fit halten, allerdings steht auch die Weltmeisterschaft ab Anfang Mai in der Schweiz auf der Kippe. Während die Spieler in Augsburg diskutieren, erklärt DEL-Ligenleiter Gernot Tripcke auf einer eilig einberufenen Pressekonferenz in Köln die Hintergründe und Folgen.
Nach dem „bittersten Tag unserer Geschichte“setzt die Liga auf staatliche Hilfe. Den vorzeitigen Saisonabbruch stufte die DEL wirtschaftlich als „eine Katastrophe“ein, deren genauen Ausmaße noch nicht beziffert werden können. „Da ist sicherlich der Staat in irgendeiner Weise gefragt, sagte Tripcke in Köln. Welche Konsequenzen sich für den laufenden Fernsehvertrag mit der Telekom ergeben, war zunächst unklar – ein solches Szenario
jetzt als Folge des Coronavirus hat es schließlich noch nicht gegeben.
Tripcke kündigte an, dass die DEL die Bundesregierung um Ausgleichszahlungen bitten werde. „Sobald sie da sind, werden wir das tun. Wir hoffen, dass eins der Pakete auch uns hilft“, sagte der Liga-Chef bei einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz. Die wirtschaftlichen Folgen dürften noch schwerer wiegen als das plötzliche Ende aller sportlichen Träume. Die Play-offs sind die lukrativste Phase der Saison, in der das Eishockey sich am besten vermarkten kann. Mehr als 400 000 Zuschauer hatten die K.-o.2018/19 insgesamt besucht. Mehrere Klubs wie die potenziellen Halbfinalisten Straubing und Bremerhaven oder auch Augsburg haben einen Etat im einstelligen Millionenbereich, sie sind auf die Ticketeinnahmen angewiesen.
Dass am Dienstag, nur einen Tag vor dem Beginn der ersten Play-offRunde, die Saison ohne einen Meister beendet wurde, hat auch für die Fernsehpartner Folgen. Die Telekom als Rechtehalter nahm die Entscheidung schlicht „zur Kenntnis“. Auch Sport1 ist betroffen. Von einem „schwarzen Tag für das deutsche Eishockey“sprach Adler-Gesellschafter Daniel Hopp im Mannheimer Morgen. Nürnbergs bisheriger Namensgeber Thomas Sabo drückte mit dem „wohl bittersten Tag unserer Geschichte“sein Entsetzen aus. Dass er sich als Hauptwie sponsor der Franken zurückzieht, steht schon länger fest.
Die Nürnberger hatten bei den stundenlangen Beratungen nach eigenen Angaben auf eine verkürzte Play-off-Saison gedrungen. Der Vorschlag wurde aber ebenso abgelehnt wie das Spielen vor leeren Rängen, der Schaden wäre damit noch größer gewesen. Am Ende sei die Entscheidung, die erstmals in der 26-jährigen DEL-Geschichte getroffen wurde, „fast“einstimmig gefallen, sagte Tripcke und sprach von nun anstehenden „wirtschaftliche Aufräumarbeiten“. Dass das Vorzeigeprodukt ausfällt, wird für die Liga die aktuelle Suche nach einem neuen Hauptsponsor erschweren.
Die Play-offs seien „das beste Verkaufsmaterial, das wir haben. Dass das nicht hilft, ist selbstverSpiele ständlich“, gab Tripcke zu. Die Vereine müssen bereits verkaufte Tickets zurückzahlen. So war zum Beispiel das erste Heimspiel der Augsburger Panther gegen Ingolstadt mit gut 6000 abgesetzten Tickets bereits ausverkauft. Die Frage, ob die Spieler Play-off-Prämien erhalten, dürfte von der Vertragslage abhängen. Die Spieler bleiben mit vielen Ungewissheiten zurück. Die DEL 2 stellte ihren Spielbetrieb ebenfalls ein. Am Mittwochabend sagte der Deutsche Eishockey-Bund von der Oberliga über die Frauen bis in alle Nachwuchsligen alle Spiele ab. Die Eishockey-Saison ist in Deutschland beendet. „An so ein seltsames Saisonende werden wir uns wohl noch ewig erinnern“, sagt Panther-Stürmer Daniel Schmölz, nachdem er die Panther-Kabine verlassen hat.
Ein schwarzer Tag für das deutsche Eishockey