Corona bringt den Fußball ins Wanken
Hannover 96 meldet den ersten infizierten Profi, der komplette Bundesligaspieltag findet ohne Zuschauer statt. Der DFB sagt die kommenden beiden Drittliga-Spieltage ab. Wie der FC Augsburg mit dem Geisterspiel am Sonntag umgeht
Augsburg Die Meldung lief um kurz nach 13 Uhr über den Ticker: Der deutsche Profifußball hat seinen ersten positiv auf Corona getesteten Profi. Timo Hübers vom Zweitligisten Hannover 96 hat sich infiziert.
Hübers Arbeitgeber betonte, dass der Spielbetrieb bislang nicht gefährdet sei: Zeitpunkt und Ort seiner Ansteckung seien „exakt eingrenzbar“. Hübers habe seit seiner Infizierung keinen Kontakt zu seinen Mannschaftskollegen gehabt. Deswegen sei nicht davon auszugehen, dass sich Mitspieler bei ihm infiziert haben. Dennoch werden der Profikader sowie das Trainerteam auf das Virus getestet. Deutlich weniger optimistisch zeigte sich hingegen der Präsident des Ligakonkurrenten Erzgebirge Aue, Helge Leonhardt. Dessen Sorge: „Ich gehe davon aus, dass die Saison nicht zu Ende gespielt werden kann. Sobald eine Person, die regelmäßigen Kontakt mit einer Mannschaft hat, erkrankt, muss das gesamte Team für zwei Wochen unter Quarantäne.“
Wie schwierig es ist, in Zeiten von Corona selbst einen Spielbetrieb ohne Zuschauer zu stemmen, wurde am Mittwoch deutlich. International drohen die Auswirkungen der Epidemie die Wettbewerbe ins Chaos zu stürzen. Der AS Rom etwa bekam keine Landeerlaubnis in Spanien für das Spiel der Europa League beim FC Sevilla. Italien ist das europäische Land, das am heftigsten von der Krankheitswelle betroffen ist. Deswegen weigerte sich auch der spanische Klub FC Getafe, bei Inter Mailand anzutreten und nahm dafür sogar ein Aus am grünen Tisch nimmt in Kauf, wie Präsident Angel Torres bekräftigte: „Wir wollen nicht ins Epizentrum des Coronavirus reisen.“Am Abend gab die Uefa bekannt: Beide Partien sind abgesagt.
In der Bundesliga hatte Union Berlin sich lange dagegen gewehrt, die für Samstag angesetzte Partie gegen den FC Bayern (18.30 Uhr) ohne Zuschauer auszutragen – am Mittwochmorgen entschied die Berliner Gesundheitsbehörde, dass die Ränge in der Alten Försterei leer bleiben werden. Weil auch Leipzig gegen Freiburg zum Geisterspiel erklärt wurde, steht mittlerweile fest: Der komplette 26. Spieltag der Bundesliga wird ohne Zuschauer stattfinden – ein Novum.
Ein Fußball-Spiel ohne Zuschauer – für die Fußballklubs stellt dies eine erhebliche Einbuße dar. Der FC Augsburg, der am Sonntagabend den VfL Wolfsburg empfängt, rechnet pro Spieltag zum Beispiel „mit einem sehr hohen sechsstelligen Verlust pro Spiel“wie Finanz-Geschäftsführer
Michael Ströll sagte – unter anderem deswegen, weil die Kosten für bereits gekaufte Tickets zurückerstattet werden. Eine Versicherung, die solche Verluste abdeckt, gebe es nicht. Während diese Mindereinnahmen für die Klubs der ersten und zweiten Liga schmerzhaft, aufgrund der sicheren Einnahmen durch den TV-Vertrag aber kurzfristig zu stemmen sind, ist die Lage in den Ligen darunter deutlich angespannter. Marcus Uhlig, der Geschäftsführer des Regionalligisten Rot-Weiß Essen, sagte dem Portal 11Freunde: „Geisterspiele sind für uns der Worst Case.“Weil der Großteil der Kosten weiterlaufen würde, der Klub aber kaum Einnahmen hätte, wäre eine solche Konstellation „für viele Klubs in der Regionalliga, deren Etats auf Kante genäht sind, rasch existenzgefährdend“, so Uhlig. Durchschnittlich besuchen 11000 Zuschauer ein Heimspiel des Viertligisten.
Wie genau ein Geisterspiel abläuft und wer überhaupt ins Stadion darf – das ist derzeit nicht klar und Gegenstand der Verhandlungen zwischen Klubs und Behörden. Der FC Augsburg will am Donnerstag ab 11 Uhr in einer Pressekonferenz über das weitere Vorgehen informieren.
Seit Mittwoch ist zudem auch klar, dass die kommenden beiden
Spieltage in der 3. Liga abgesagt sind. Der Deutsche Fußball-Bund gab bekannt, dass die Spiele frühestens Anfang Mai nachgeholt werden, die genauen Termine werden noch festgelegt. Damit folgt der DFB der Empfehlung der 20 Klubs, die mehrheitlich für eine Verschiebung der Spieltage 28 und 29 plädiert hatten. Diese sollten eigentlich am kommenden Wochenende sowie in der kommenden Woche als „englischer Spieltag“ausgetragen werden. Die Frage, wie aufgrund des Coronavirus’ ab dem 30. Spieltag in der 3. Liga verfahren wird, soll am kommenden Montag geklärt werden. Der DFB hat an diesem Tag den Ausschuss und alle Klubs der 3. Liga zu einer außerordentlichen Versammlung in Frankfurt eingeladen. Betroffen sind unter anderem der TSV 1860 München und der FC Ingolstadt.
Wie sinnvoll die Absage der kommenden beiden Spieltage ist - darüber sind sich die Klubs uneins. Der FC Ingolstadt etwa hatte dafür plädiert, den Spielbetrieb ohne Zuschauer fortzusetzen. Mit der jetzigen Maßnahme sei nicht viel gewonnen, sagte Ingolstadts Vereinssprecher Oliver Samwald: „Aus unserer Sicht ist das ein wirkungsloser Aufschub. Wir hätten es für sinnvoll erachtet, den Spielbetrieb so lange wie möglich zu erhalten.“