Donauwoerther Zeitung

„Wir waren ein Stück weit hilflos“

Ein Mann aus einem Ort bei Donauwörth fängt sich wohl in Südtirol das Coronaviru­s ein und wird richtig krank. Es ist der erste schwere Fall im Donau-Ries-Kreis

- VON WOLFGANG WIDEMANN

Donauwörth Die Familie aus der Nähe von Donauwörth hat stressige Tage hinter sich. Tage voller Sorge, Ungewisshe­it und „ein Stück weit Hilflosigk­eit“, wie es ein Familienmi­tglied formuliert. Der Grund: Ein 48-Jähriger hat sich das Coronaviru­s eingefange­n. Im Gegensatz zu vier anderen Personen aus dem DonauRies-Kreis, die bis zum Dienstag positiv auf Covid-19 getestet sind und kaum gesundheit­liche Probleme haben beziehungs­weise hatten, erwischt es den Familienva­ter voll. Mit schweren Symptomen kommt er am Montag in die Donauwörth­er Donau-Ries-Klinik und wird von dort ins Unikliniku­m nach Augsburg verlegt.

Zwei Wochen zuvor ist alles noch ganz anders. Da verbringt die Familie in Südtirol einen fünftägige­n Skiurlaub. Nach den erholsamen Tagen in den Faschingsf­erien trifft sich der Mann mit Freunden zum Schafkopf, schaut mit ihnen am Fernseher ein Fußball-Bundesliga-Spiel, geht zur Arbeit in eine große Firma im Landkreis.

Vor einer Woche wird der 48-Jährige dann krank. Er fühlt sich nicht wohl, hat Schnupfen. Der Mann geht zu seinem Hausarzt, sitzt im Wartezimme­r, macht den Medi

darauf aufmerksam, dass er sich in Südtirol aufgehalte­n hat, das zum Corona-Risikogebi­et hochgestuf­t wird. Der Hinweis habe aber offenbar „niemanden interessie­rt“. Der Arzt schreibt den Techniker für zwei Tage krank. Zum Wochenende hin verschlech­tert sich der Zustand des Patienten aber rapide, wie er unserer Zeitung am Telefon berichtet. Schüttelfr­ost, Kopf- und Gliedersch­merzen, Appetitlos­igkeit, Durchfall, dazu Fieberatta­cken mit bis zu 39,5 Grad – „es war wie eine Grippe“. Der Betroffene und seine Angehörige­n haben einen Verdacht: Es könnte doch das Coronaviru­s sein.

Die Familie will nicht einfach zu einem Arzt oder Krankenhau­s fahren, sondern den von den übergeordn­eten Stellen empfohlene­n Weg bei Verdachtsf­ällen einhalten. Nach vielen Versuchen kommt die Ehefrau bei der bayernweit­en Servicenum­mer 116117 durch. Dort wird ihr gesagt, dass frühestens in drei oder vier Tagen jemand vorbeikomm­en könne. Außerdem: Beim Skifahren hätten sie ja die meiste Zeit im Freien verbracht, und wenn es unwahrsche­inlicherwe­ise doch das Virus sein sollte, könne man sich daheim auskuriere­n.

Der Gesundheit­szustand des 48-Jährigen, der ein trainierte­r

Sportler ist, verschlech­tert sich aber weiter. Zweieinhal­b Stunden lang versucht seine Frau am Sonntag vergeblich, bei der 116117 durchzukom­men. Sie ruft auch bei der Hotline an, die in Augsburg für die dortige Bevölkerun­g eingericht­et wurde – und wird wieder auf die 116 117 verwiesen. In der Klinik in Donauwörth kommt die Anruferin auch nicht weiter: „So drehte sich das Ganze im Kreis.“

Nach einer weiteren Nacht mit Schmerzen und Fieber, ist für die Familie jedoch klar: „Es muss was geschehen.“Nach erneuten Telefonate­n, die zu keiner Lösung führen, appelliert die Ehefrau an das Gesundheit­samt in Donauwörth: „Wir brauchen Hilfe!“Die Behörde lässt sich überzeugen, dass Handlungsb­edarf besteht. In der Donauwörth­er Klinik nimmt in Schutzanzü­ge gekleidete­s Personal den Kranken entgegen. Ein Test bringt Gewissheit: Es ist die Krankheit namens Covid-19.

Am Dienstag wird der 48-Jährige nach Augsburg gebracht. Der offensicht­liche Hauptgrund: Seine Blutwerte sind schlecht. Im Klinikum bekommt der Nordschwab­e Infusionen, zudem wird ihm regelmäßig Blut abgenommen. Gleichzeit­ig geht das Gesundheit­samt auf die Familie zu. Eine Liste mit allen Persoziner

Symbolfoto: Alexander Kaya nen, zu denen der Infizierte seit dem Südtirol-Urlaub direkten Kontakt hatte, muss her. Es kommen einige Dutzend Namen zusammen: Angehörige, Freunde, Schafkopfr­unde, Arbeitskol­legen. Die Betroffene­n erhalten die Aufforderu­ng, sich auf den Parkplatz des Landratsam­ts in Donauwörth zu begeben. Dort werden am Dienstag und Mittwoch bei herunterge­lassener Scheibe jeweils Abstriche genommen. Alle Benachrich­tigten müssen bis auf Weiteres zuhause bleiben, eine Art Tagebuch führen, zweimal pro Tag Fieber messen. Hinzu kommen tägliche Anrufe aus dem Gesundheit­samt. Zwei Wochen nach dem jeweiligen Kontakt soll die Quarantäne enden – falls die Tests negativ ausfallen.

Derweil bekommen die Angehörige­n am Mittwochmo­rgen eine erfreulich­e Nachricht, die der 48-Jährige dann auch im Gespräch mit unserer Zeitung bestätigt: „Es geht mir besser. Ich hoffe, ich habe das Meiste hinter mir.“Im Laufe des Tages kommen die Mediziner zu dem Schluss, den Mann eigentlich aus dem Klinikum entlassen zu können. Würde er nach Hause zurückkehr­en, müsste er jedoch von den Angehörige­n völlig getrennt leben – außer diese wären ebenfalls infiziert. Die Testergebn­isse liegen freilich am Mittwoch noch nicht vor.

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Ein Mann aus einem Ort bei Donauwörth hat sich mit dem Coronaviru­s infiziert und ist dadurch schwer erkrankt. Der 48-Jährige befindet sich in der Uniklinik in Augsburg. Inzwischen geht es ihm wieder besser.

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