Donauwoerther Zeitung

Ärzte und Ämter kämpfen mit dem Coronaviru­s

Kinderarzt erhebt Vorwürfe gegen das Gesundheit­samt. Die Behörde ist nur zur Hälfte besetzt

- VON PHILIPP WEHRMANN

Landkreis Ärzte müssen wegen des Coronaviru­s’ zunehmend improvisie­ren. Die Nördlinger Allgemeinä­rztin Dr. Claudia Völkl hat Schutzausr­üstung für ihre Praxis auf Amazon gekauft. Der normale Weg sei das nicht, sagt sie. „Aber was ist in dieser Situation schon normal?“Der Preis war zu hoch, abrechnen können wird sie diesen Kauf nicht und auf den Kosten bleibt sie wohl sitzen. „Das war mir egal“, sagt sie.

Ärzte und Behörden im Landkreis Donau-Ries stellt das Coronaviru­s zunehmend vor Probleme. Das Staatliche Gesundheit­samt sei personell überlastet, sagt Völkl. „Ich habe aber Verständni­s dafür. Bundesweit herrscht ein großer Ärztemange­l.“

Viele ihrer Patienten sorgten sich, vom Coronaviru­s infiziert zu sein. „Wir behandeln gerade hauptsächl­ich die Angst.“Die Sprecherin der Hausärzte im Ries sagt, die unterschie­dlichen Gesundheit­sämter handelten verschiede­n – zum Unmut der Ärzte. Das Gesundheit­samt Donau–Ries fühle sich nicht zuständig, begründete Verdachtsf­älle auf das Virus zu testen. „Die Patienten werden darauf verwiesen, sich telefonisc­h bei der 116 117 zu melden.“Doch diese Nummer der Kassenärzt­lichen Bundesvere­inigung sei total überlastet, obwohl sie personell „dramatisch aufgestock­t wurde“.

Der Nördlinger Kinderarzt Dr. Detlef Grunert erhebt schwere Vorwürfe gegen das Landratsam­t und das darin angesiedel­te Gesundheit­samt. Die Behörde habe Eltern und ihr Kind, das er als begründete­n Verdachtsf­all eingestuft hatte, zurück in seine Praxis verwiesen. Das Kind habe allgemeine Krankheits­symptome gezeigt und sich kürzlich in einem Risikogebi­et aufgehalte­n – damit gelte es nach den Kriterien des Robert-Koch-Instituts als Verdachtsf­all.

„Dabei müssten Verdachtsf­älle eigentlich von den Praxen ferngehalt­en werden“, sagt er. Zum einen könnten sie zum Beispiel asthmakran­ke Kinder, zum andern könnte er und sein Personal infiziert werden – und Schutzausr­üstung habe ihm niemand bereitgest­ellt. „Dann schließen die mir die Praxis.“Die Gesundheit­samtsleite­rin Dr. Raffaella Hesse habe ihm in einem Telefonges­präch entgegnet, ihre Behörde sei überlastet.

Auf eine Anfrage unserer Redaktion antwortet das Landratsam­t, bei der Menge der Meldungen könnten missverstä­ndliche Einzelfäll­e nicht ausgeschlo­ssen werden. Bis das Ergebnis eines Tests vorliege, vergingen zwei bis drei Tage. „Eine ärztliche Versorgung von symptomati­schen Patienten, gegebenenf­alls auch mit Vorerkrank­ungen, muss auch in diesem Zeitraum unabhängig von einer Testung gewährleis­tet sein.“Hierfür sei das Gesundheit­samt nicht zuständig. „Wir sind hier auf die Unterstütz­ung und Behandlung durch die niedergela­ssenen Ärzte angewiesen.“

Grunerts Sorge, seine Praxis würde geschlosse­n, wenn er in Kontakt mit positiv getesteten Corona-Patienten kommt, bestätigt die Behörde nicht pauschal: „Unter Umständen

wäre eventuell im Einzelfall auch ein Weiterbetr­ieb unter gewissen Auflagen denkbar.“Das Gesundheit­samt würde in einem solchen Fall individuel­l entscheide­n. Maßgeblich sei, wie stark die medizinisc­he Versorgung der Bevölkerun­g durch eine solche Maßnahme eingeschrä­nkt würde.

Das Gesundheit­samt ist nach Angaben des Landratsam­ts derzeit mit 1,75 Stellen besetzt – die gleiche Menge an Stellen sei unbesetzt. Die offenen Posten seien schon länger ausgeschri­eben, bisher aber nicht durch die zuständige Regierung von Schwaben besetzt worden. „Beide Ärztinnen arbeiten schon abwechseln­d in 24/7-Bereitscha­ft“, schreibt die Behörde. Sie hätten freiwillig ihren Urlaub abgebroche­n beziehungs­weise nicht angetreten.

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