Wenn Kicker ihren Horizont erweitern
In den schwierigen Tagen mit Schreckensmeldungen aus Deutschland und der Welt freut man sich über jede positive Nachricht. Und davon gibt es eine ganze Menge. So wie diese: Weil die Menschen nicht mehr in den Cafés ihre Butterbrezen zerbröseln oder einige unbelehrbare Seniorinnen ihr vertrocknetes Brot nicht mehr taschenweise im Park entsorgen, geht den Tauben das Futter aus. Weniger Nahrung bedeutet weniger Nachwuchs bei den gurrenden Plagegeistern – wenn das keine gute Nachricht ist.
Außerdem erholt sich die Natur von uns Menschen. In Venedig, wo sonst eine modrige, grünbraune Brühe durch die Lagunenstadt wabert, ist das Wasser so kristallklar, dass die Fische zu beobachten sind. Und in den bayerischen Großstädten ist die Luft dank des niedrigen Verkehrsaufkommens bald so sauber, dass Spaziergehen in der Augsburger Karlstraße oder am Münchner Stachus als Therapie verschrieben wird. Nach Davos in die Hustenburg zu reisen geht eh nicht mehr.
Auch im Sport richtet das Virus zwar viel Unheil an, aber nicht nur. Mancher beschäftigungslose Kicker greift verstärkt zum Buch, und zwar nicht nur zu den Bestsellern von Sebastian Fitzek oder der Werkausgabe von Ludwig Wittgenstein. Nach Informationen der
ARD-Radiorecherche Sport forcieren viel Fußballer derzeit ihr Fernstudium oder einige beginnen gerade zu studieren.
Nun ja, Friesische Philologie oder Quantenphysik stehen bei den Ballstreichlern nicht hoch im Kurs. Als Vorbilder gelten eher Karl-Heinz Rummenigge, Uli Hoeneß oder Oliver Kahn. Sportmanagement ist das bevorzugte Spielfeld, auf dem sich die Profis bewegen. Nach den ARD-Recherchen nutzen viele die freie Zeit, um online Prüfungen nachzuholen oder Hausarbeiten für ihr Fernstudium zu erledigen.
Leipzigs Nationalspieler Lukas Klostermann studiert Wirtschaftswissenschaften, während Gladbachs Weltmeister Matthias Ginter bereits im März 2018 sein Studium zum zertifizierten Sportmanager erfolgreich abschloss. An der privaten Düsseldorfer Hochschule für Management IST sollen aktuell rund 200 Profis eingeschrieben sein, darunter 25 Erstligaspieler. Augsburgs Stürmer Alfred Finnbogason absolviert nach seinem Sportmanagement-Studium nun ein zweites in Betriebswirtschaftslehre. Er wolle Fußball und Business am liebsten verbinden, sagt der Isländer. Es soll ein Leben nach dem Fußball geben. Und hoffentlich auch nach der Corona-Krise.