Nähen gegen Corona
Pflegekräften in der Region fehlt es an Schutzmaterial gegen das Virus. Freiwillige nähen Schutzmasken. Derweil fehlt es jedoch an ganz speziellem Material
Landkreis Anita Riedelsheimer schlägt Alarm: Bei einem bestätigten Covid-19-Notfall würden die wirklich sicheren Atemschutzmasken „nur wenige Stunden“reichen. 20 Stück haben die Mitarbeiter der Caritas-Sozialstation in Monheim noch, doch allein 90 bis 100 Patienten müssen die Pflegekräfte tagtäglich zu Hause versorgen. „Wenn wir einen bestätigten Corona-Fall hätten, kämen wir in arge Bedrängnis“, sagt die Pflegerin. Und sie fügt hinzu: „Wir könnten dann die Versorgung nicht mehr sicherstellen.“Die Pflegedienste bräuchten Material. Und zwar dringend.
Was die professionellen Pfleger vor allem benötigten, das seien die sicheren Mund-/Nasenschutz-Masken der Klassifizierung FFP2/3. Viele Freiwillige nähen derzeit in der Region Mundschutzmasken. Pflegekraft Riedelsheimer hat hierzu eine differenzierte Meinung: Für den Privatgebrauch, etwa um andere – und sich selbst auch ein wenig – zu schützen, seien die selbst genähten Schutzmasken „vollkommen okay“. Aber man dürfe in der derzeit wichtigen Sachdiskussion nichts vermischen: Wo der gesunde Privatmann unter Einhaltung der Abstandsregelungen durchaus ein Ansteckungsrisiko wenigstens ein Stück weit reduzieren könnte, muss eine Pflegekraft, die womöglich noch mit einem Infizierten zusammenarbeitet oder selbst unbemerkt infiziert ist, ganz andere Regeln einhalten. Fazit: So löblich das Nähen ist, so sehr es auch vielleicht einen gewissen Schutz bieten könnte – es führe kein Weg vorbei am ProfiMaterial des Standards FFP.
Doch auch hinsichtlich in der Pflege zu verwendenden Masken – abseits eines Corona-Falls – gibt es ehrenamtliche Aktivitäten. In Donauwörth hat der Mangel an Mundschutzen und Atemmasken dazu geführt, dass die Bürger selbst aktiv geworden sind. Initiiert von Lavinia Boldt und Heike Klauser sind mittlerweile knapp 20 ehrenamtliche Näherinnen dabei, Masken herzustellen. Das sei alles ehrenamtlich und vor allem für die Region Donauwörth. Organisiert habe man sich über die öffentliche Facebookgruppe „Coronahilfe Donauwörth“, wie Boldt erklärt: „Aufgrund der aktuellen Lage haben wir uns über das Internet organisiert und vor etwa eineinhalb Wochen dieses Projekt gestartet. Unsere Näherinnen nähen alle von zu Hause aus und zahlen das Material zum Großteil selbst.“Ziel sei es durchaus, zunächst den systemrelevanten Berufen wie Arztpraxen, Pflegeheimen oder der Feuerwehr genügend Mundschutzmasken zur Verfügung zu stellen, aber auch Risikogruppen und andere Bürger sollen die Möglichkeit haben, eine Maske zu erhalten. „Um das zu verwirklichen, brauchen wir aber noch mehr Näherinnen. Da sprechen wir von einer Zahl von mehr als 60 Helferinnen, um diesen Plänen gerecht zu werden“, betont Boldt.
Für die Materialbeschaffung ist vor allem Heike Klauser zuständig. Die Physiotherapeutin suchte selbst über die Gruppe nach Atemschutzmasken, die sie benötigt, um ihre Praxis weiter öffnen zu dürfen. Klauser berichtet: „Aus einer Suchanfrage, die ursprünglich darauf zielte, meine Mitarbeiter mit Masken auszustatten, ist dann ein richtiges Projekt geworden. Damit wir auch die Richtlinien bei den medizinischen Masken erfüllen, habe ich mich bei Kollegen erkundigt und dann eine Spezialbaumwolle gekauft.“Auch wenn sie Lavinia Boldt nur über das Netz kennt, arbeiten beide sehr gut zusammen, so Klauser weiter: „Das ist schon kurios, wir haben uns noch nicht einmal gesehen. Aber wir haben mittlerweile fast eine kleine Firma aufgebaut. Allerdings ist alles ehrenamtlich, die
Näherinnen wollen keinen Cent für die Masken. Wir freuen uns über Spenden, wollen damit aber nur die Materialkosten decken.“Wenn etwas Geld übrig bleiben sollte, werde es an eine Gesellschaft für Kinderkrebsforschung gespendet.
Sami Fuentes ist eine der ehrenamtlichen Näherinnen. Sie hat bereits 50 Masken produziert: „Ich bin dieser Gruppe beigetreten und habe dann den Aufruf gesehen. Da war klar, dass ich mich da auch engagieren möchte.“Pro Maske brauche sie etwa 10 bis 15 Minuten, ausgeliefert habe sie schon einige an eine Ergotherapie im Maximilium und an eine Arztpraxis, erklärt Fuentes.
Ausgegeben werden in Donauwörth die Masken im Jugendzentrum in der Zirgesheimer Straße dienstags und donnerstags von 16.30 bis 18 Uhr – allerdings nur auf Vorbestellung.
In Nördlingen sind es derweil schon fast 150 Freiwillige, die Mundschutz-Masken nähen – und bei der Stiftung St. Johannes in Schweinspoint und Donauwörth wurden bis dato 400 bis 500 Masken für den Eigenbedarf bei der Arbeit mit den behinderten Menschen produziert, so stellvertretende Geschäftsführerin Doreen Paus.
Derweil muss sich Pflegerin Riedelsheimer leider noch mit ganz anderen Problemen herumschlagen. „An manchen Haustüren, an die wir Pfleger kommen, haben Angehörige Zettel hingehängt, auf denen steht: „Betreten ohne Maske verboten“. Und teils erhalten wir bitterböse Botschaften wie: „Ihr habt doch genug Geld von uns, um endlich Masken anzuschaffen.“Man sei „den ganzen Tag am Deeskalieren“. Was sie dann beruhigt: Die Patienten selbst seien, im Gegensatz zu einigen Angehörigen, „zu 99,9 Prozent“ruhig und freundlich. Vorige Woche