French-Open-Sieger jobbt im Supermarkt
In der Corona-Krise räumt Kevin Krawietz Regale ein und zählt Kunden
Brunnthal Eins nach dem anderen sortiert Kevin Krawietz in die Regale ein. Er trägt Handschuhe und Maske, emsig packt er Kartoffeln, Spargel und Heidelbeeren an ihren Platz. Schon am frühen Morgen, kurz nach der Öffnung um 7 Uhr, ist der Discounter gut besucht. Der French-Open-Sieger im Doppel wäre unter normalen Umständen nicht hier. Eigentlich würde sich Krawietz jetzt auf die Titelverteidigung in Paris vorbereiten. Doch in Corona-Zeiten steht auch die Tennis-Tour still. Und der GrandSlam-Sieger nutzt die Gelegenheit für einen ungewöhnlichen Perspektivwechsel auf 450-Euro-Basis.
„Am Anfang war es eher im Scherz gedacht“, erzählt Krawietz. Doch der Bedarf war da. Eine Bekannte vermittelte ihn und seinen Tennis-Kumpel Hannes Wagner an eine Filiale im bayerischen Brunnthal. „Wir wollten einfach mal sehen, ob es anstrengend ist, ob es eine Herausforderung ist, früh aufzustehen und Regale einzuräumen, ganz stupide Arbeit zu machen“, sagt der 28-Jährige. Um das Geld geht es ihm nicht, er hat dank seines herausragenden Tennisjahres 2019 bisher ein
Preisgeld von knapp einer Million Euro gewonnen. Gegen 5.30 Uhr musste er an diesem Donnerstag schon im Laden sein, eine halbe Stunde hat er für die Anfahrt gebraucht. Krawietz sammelt generell gern neue Eindrücke, weit entfernt vom Leben auf der Tour. Hier im Supermarkt ist Tennis kaum ein Thema. In Paris hatte der
Coburger gemeinsam mit dem Kölner Andreas Mies für den ersten Triumph eines deutschen TennisDoppels bei einem Grand-SlamTurnier seit 1937 gesorgt. „Echt eine Sensation“, wie nicht nur Boris Becker meinte. Das WeltklasseDoppel ist für Bundestrainer Michael Kohlmann seitdem Kandidat für den Davis Cup, bei der Finalwoche im November in Madrid vertraten Krawietz und Mies die deutsche Auswahl. Zwischen Paletten und Regalen mit Klopapier und Backzutaten half das Krawietz natürlich wenig, er musste erst einmal neue
Begriffe lernen. Anfangs haben es die Kollegen lustig gefunden, wenn er nicht wusste, was gemeint war, erzählt er. Spaß macht ihm die Arbeit aber nicht immer. „Klar gibt es Momente, wo ich sage, jetzt habe ich gar keinen Bock mehr“, erzählt er. Momente, in denen er denkt, „jetzt wird es zäh“, in denen er auf die Uhr schaut. „Reiß dich mal zusammen“, denke er dann aber. „Wie cool“es ist, Tennisprofi zu sein, hat er durch die Erfahrungen noch mehr zu schätzen gelernt. Beim Discounter hatte Krawietz am Donnerstag vorläufig seine letzte Schicht.