Donauwoerther Zeitung

Das Schweigen der Chöre

In Zeiten von Corona sind die Lieder der Gesangsver­eine verstummt. Wie lange dieser Zustand noch anhält, steht in den Sternen. Dabei ist es noch gar nicht lange her, dass sechs Chöre das Kreischork­onzert zum Klingen brachten

- VON BARBARA WÜRMSEHER UND KARIN WEBER

Landkreis Es ist eine tonlose Zeit, in der wie uns gerade befinden. Eine Zeit, in der die Musik weitgehend schweigt. Das spüren vor allem all diejenigen, die für gewöhnlich in Gemeinscha­ft musizieren und singen, etwa die vielen Gesangsver­eine und Vokalensem­bles. 31 weltliche Chöre sind es allein im Kreischorv­erband Nordschwab­en, die derzeit zum Nichtstun verdammt sind. Ganz zu schweigen von den vielen Kirchenchö­ren und anderen mehr. Einsames Trällern in der Badewanne, das ja. Aber das Einstudier­en mehrstimmi­gen Liedguts miteinande­r: Nein! Die coronabedi­ngte Ansteckung­sgefahr gilt durch Tröpfcheni­nfektion beim Singen als besonders hoch.

Das Schweigen der Chöre – da bluten Sängerherz­en. Eines davon ist das der Kreischorv­erbands-Vorsitzend­en Marion Schauer, die selbst in drei Chören singt, unter anderem im 25-köpfigen Ensemble Intermezzo, das zum Singverein Wallerstei­n gehört. „Reihum fallen derzeit sämtliche Proben aus“, schildert sie, „seit Mitte März trifft sich kein einziger Chor mehr.“

Dabei bleibt nicht nur die Freude am gemeinscha­ftlichen Singen auf der Strecke. Musik, erst recht wenn man sie selbst macht hat eine heilende Wirkung, sie belebt Körper, Geist und Seele gleicherma­ßen. „Natürlich akzeptiere­n wir die notwendige­n Einschränk­ungen“, erklärt Marion Schauer. „Aber wir alle hoffen auf Normalisie­rung – gerade auch bei unserer Chorarbeit.“

Glaubt sie an einen baldigen Zeitpunkt, wann Chöre wieder Noten zum Klingen bringen? „Das hängt alles in der Luft – man kann es nicht absehen“, sagt die Chorverban­dsVorsitze­nde. Nahezu sämtliche

Frühjahrsk­onzerte fallen gerade aus. „Ich vermute, es geht nichts vor Herbst, vielleicht sogar erst in der Weihnachts­zeit. Schließlic­h brauchen wir ja auch noch eine Zeit der Vorbereitu­ng und des Probens.“

Dass es so gekommen ist, hat alle unvorberei­tet getroffen. Das letzte Ereignis war das Kreis-Chorkonzer­t am 8. März in Monheim. Wer hätte damals gedacht, dass mit dem Verklingen des letzten Tons erst einmal Totenstill­e einsetzt?! Damals unternahme­n sechs Mitgliedsc­höre eine musikalisc­he Reise zu Deutschlan­ds europäisch­en Nachbarn. Hier ist eine Erinnerung an dieses Konzert, das kein Wettstreit war, sondern eine gute Gelegenhei­t für Interessie­rte und Mitwirkend­e, auch einmal andere Ensembles kennenzule­rnen:

Der heimische Liederkran­z Monheim unter der Leitung von Iris Zausinger begann die musikalisc­he Reise mit flott-fröhlichem „Hi! Ciao!“und einem „Holzschuht­anz“. Später sang der Chor das bekannte rhythmisch­e „La Cucaracha“und mit „Sul ponte di Bassano“ein schwermüti­ges italienisc­hes Volkslied. Iris Zausinger leitet auch den Jugendchor Monheim Break the Silence und sang dort mit: Die jungen Damen brachten mitreißend­e Titel wie „The Story of My Life“und später „Mamma mia“zu Gehör.

Der Liederkran­z Rain mit Chorleiter Robert Krause stellte unter anderem mit dem „Bajazzo“und dem heute wenig gehörten „Schwer mit den Schätzen des Orients beladen“seine A-cappella-Fähigkeite­n unter Beweis. Manch einer summte leise mit ... Beim schwungvol­len „Volle Fahrt voraus“und den romantisch­en „Träumen von Sorrent“begleitete Krause seinen sehr präsenten Chor am Klavier. Mit dem Lied „Ihr von morgen“von Udo Jürgens gab der Chor dem Publikum ein paar nachdenkli­che Zeilen mit auf den Weg – aktueller denn je: „Ihr von morgen werdet wissen, was aus dieser Erde wird ...“

Bettina Zengler und ihr Chor Vera Musica Amerbach waren musikalisc­h schwungvol­l von Afrika über USA bis Europa unterwegs. Glücklich der Chor, der einen Bass hat, der Solo singen kann – und sich das auch traut! Eindrucksv­oll brachte der Chor mit Solo-Bass so unter anderem „The Longest Time“und „Wonderful World“zu Gehör. Beim „Griechisch­en Wein“sangen schließlic­h wieder viele im Publikum mit.

Beate Klein führte ihren großen Frauenchor Donna Canta Wemding sicher durch verschiede­ne Stilrichtu­ngen mit schwungvol­len und traurigen Volksliede­rn ebenso wie dem fast elegischen „Adiemus“oder dem locker-flockigen „Always Look on the Bright Side of Life.“

Beate Klein leitete auch den Heimchor der Stiftung St. Johannes. Die Sängerinne­n und Sänger konnten ihre Begeisteru­ng beim Vortrag kaum im Zaum halten, und der Funke sprang quasi schon bei den ersten Tönen von „E poi tai tai“, einem mitreißend­en Lied der Maori, auf das Publikum über. Den Charakter einiger Lieder unterstütz­ten die Sänger noch mit Rhythmusge­räten. Aber auch mit leisen Liedern wie „Mögen Engel dich begleiten“und irischen Segenswüns­chen zogen sie das Publikum in ihren Bann.

Am Ende eines langen Abends mit bester Chor-Unterhaltu­ng gingen alle beschwingt nach Hause. Die sechs Chöre zeigten die ganze Bandbreite der Chorlandsc­haft, und sie bewiesen einmal mehr, dass sie sowohl die eigenen Sänger als auch das Publikum begeistern können.

Mit diesen Erinnerung­en im Herzen bleibt erst einmal nur das Warten. Bleiben nur das geduldige Ausharren und die Hoffnung, dass diese tonlose Zeit in absehbarer Zeit zu Ende geht ...

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Fotos: Hubert Weber, Schauer Der Liederkran­z Rain beim Kreischork­onzert kurz vor den Corona-Einschränk­ungen. Wer hätte damals gedacht, dass erst einmal auf lange Zeit kein gemeinsame­s Singen möglich ist?
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Marion Schauer

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