Gold ohne Behinderung
Paralympics: Spanische Basketballer betrügen
Augsburg Bei einem der größten Skandale im Behindertensport steht nicht ein schwarzes Schaf im Mittelpunkt, sondern gleich deren zehn: So viele spanische Basketballer traten bei den Paralympics im Jahr 2000 nämlich für ihr Land an, obwohl sie unter keiner geistigen Behinderung litten. Die Aufdeckung des Betrugs ist vor allem einem investigativen Journalisten zu verdanken. Der geschmacklose Plan stammte vom Vizepräsidenten des zuständigen Verbands.
Bis ins Finale legten die Spanier nicht weniger als einen souveränen Durchmarsch hin: 3:0 Siegen in der Gruppenphase folgte ein 97:67 gegen Polen im Halbfinale. Im Endspiel wartete dann Russland. Und auch die Russen waren beim 87:63 reines Kanonenfutter für das spanische Behinderten-Basketballteam. Was die Öffentlichkeit da noch nicht wusste: Nur zwei der zwölf spanischen Akteure auf dem Feld hatten tatsächlich eine geistige Einschränkung. Bei der Sportzeitung meldeten sich nach Abdruck eines Bildes von der Siegesfeier Leser, die einen Teil der Spieler kannten – und wussten, dass diese nicht behindert sind. Eine wichtige Rolle bei der Aufarbeitung nahm im Übrigen der Journalist Carlos Ribagorda ein: Er hatte sich in den Kreis der Mannschaft eingeschlichen und dabei herausgefunden, dass die Sportler allesamt nie auf eine vorliegende Behinderung getestet worden waren. Besonders perfide: Laut Aussagen von Ribagorda hieß die offizielle Weisung an die Aktiven durch den Trainer, bewusst langsam zu spielen, um eine geistige Einschränkung vorzutäuschen.
Die logische Folge nach Bekanntwerden des Skandals: Das Team musste seine Goldmedaille zurückgeben. Der Vizepräsident des spanischen Paralympischen Komitees, Fernando Martin Vicente, trat zudem von seinem Amt zurück. Er hatte offenbar über einen mit ihm verwandten Arzt die nötigen Atteste für die Spieler eingeholt. Vicentes Verurteilung wegen Betrugs erfolgte erst im Jahr 2013. 5400 Euro Strafe sowie eine Rückzahlung von 142355 Euro, die der Verband seinerzeit an staatlichen Zuschüssen erhalten hatte, erlegte ein Gericht ihm auf. Teil der Affäre waren nicht nur die zehn Basketballer, sondern darüber hinaus fünf weitere Sportler der Paralympics 2000. Anklagen gegen die Sportler ließ die Justiz im Gegenzug zur Verurteilung von Vicente fallen. Bis ins Jahr 2012 reichten die Folgen der dreisten Täuschungsaktion: Denn erst bei den Olympischen Sommerspielen in London standen Wettbewerbe für Sportler mit geistiger Behinderung wieder auf dem Programm.
Marca