Vom Glücklichsein
Zur Eröffnung gab es großartig aufgelegte Virtuosen, dankbare Zuhörer und einen Hoffnungsschimmer
Donauwörth Ringsum leuchtende Augen, auf der Bühne strahlende Musiker, ein begeisterter Oberbürgermeister Jürgen Sorré: Donauwörths Glück war berechtigt. In Corona-Zeiten ist es nicht mehr selbstverständlich, dass die Stadt sich daran wagt, ihren Bürgern die „Donauwörther Herbstkulturtage“mit einer breiten Palette an Veranstaltungen anzubieten. Der Auftakt erfolgte mit einem „fast symphonischen“Eröffnungskonzert und dem Versprechen „von Beethoven bis zu den Beatles“. Ein Cross Over mit einem Klavierkonzert des Jubilars Beethoven im Einklang mit Hits der 60er- und 70er-Jahre und jiddischer Musik.
Sorré ließ es in seiner Begrüßung lyrisch angehen – von den Freuden, die der Herbst schenkt, über die Herausforderungen durch die Pandemie bis zum hohen Stellenwert, den Kultur im Stadtleben genießt. Dazu gehöre, den Bürgern durch Angebote Hoffnung auf eine wieder bessere Zukunft zu vermitteln.
Christoph Soldan, seit seiner Tournee 1989 unter Leonard Bernstein international bestens renommiert, ist in Donauwörth kein Unbekannter, und die hervorragenden „Schlesischen Kammersolisten“mit Dariusz Zboch (Violine), Jakub Lysik (Violine), Jaroslaw Marzec (Bratsche), Katarzyna Biedrowska (Violoncello) und Krzysztof Korzen (Kontrabass) sind es ebenfalls nicht.
Ludwig van Beethovens Klavierkonzert Nr. 4 G-Dur op. 58, gewidmet Erzherzog Rudolph, erstmals vorgestellt 1807, und am 22. Dezember 1808 mit Beethoven am Flügel öffentlich uraufgeführt war eine kluge Entscheidung. Beethoven hat mit diesem Opus das Solokonzert um den sinfonischen Aspekt zum sinfonischen Klavierkonzert erweitert. Das an diesem Abend erstaunlich klangschön in nur kammermusikalischer Begleitung ertönte.
Die Akustik im Zeughaus-Saal ist unter der coronaerforderlichen Bestuhlung nicht ganz unproblematisch: nach kurzer Irritation, als Soldan, statt mit leisen, zärtlichen G-Dur-Akkorden zu eröffnen, zunächst übermächtig in die Tasten griff, durften sich die Besucher dann am glänzenden Vortrag des großartig gestaltenden Pianisten, dem sich entwickelnden virtuosen Dialog mit dem hervorragend disponierten Quintett erfreuen. Die Interpreten hörten aufeinander, gaben sich Raum sich zu entfalten, sodass es Freude bereitete, dem Vortrag, getragen von der hinreißenden Spielfreude aller und ihrem harmonischen Zusammenspiel, zu lauschen. Begeisterter Beifall!
Dass dem „Hit“schwungvolle, mit klassischen Themen modulierte, auf der Basis von Popmusik der 60er- und 70er-Jahre, von Darius Zboch komponierte kurzweilige Cross Over Musik folgte, war für ausgemachte Klassikfans eigentlich ein „Was sie schon immer über Popmusik wissen wollten“. Also ein musikalisches Vergnügen, ausgeführt in interessant klingenden, melodischen Preziosen. Sein großer Erfolg gibt dem Komponisten und seinem Ensemble ja auch Recht! „Tightrope“(Original Electric Light Orchestra) klang ein bisschen jazzig, bei „Samuel‘s Lachen“von Wojtek Mrozek mit einem schönen Solo der
Viola war es mitreißender Klezmersound. Und Elvis Presley hätte die mit Peter Tschaikovskys Streicherserenade kunstvoll verschlungene Bearbeitung seines „I can‘t help falling in love with you“sicher gefallen.
Einer entzückend barock klingenden Version des Beatles-Songs „Eleanor Rigby“folgte ein akustisch konturierter Satz „Hit the Road, Jack“von Ray Charles, bei dem die „Rhythmus-Körper“Geige, Viola und Cello beklopft wurden. Dem Kontrabass wurde mit „Riders on the Storm“von den Doors ein starker solistischer Auftritt beschert, zunächst als quasi basso continuo, dann mit heftigem Sturmgebraus, verebbend im zarten Geigenklang. ABBA forever – ihre Musik durfte operetBeteiligten ten-melodisch erklingen, bevor mit „Nights in White Satin“der Moody Blues, ebenso elegant verwoben mit Themen aus Georges Bizets „Carmen“, wie „Whiter Shade of Pale“von Procol Harum mit Pachelbels „Canon“intoniert wurden.
Das bestens unterhaltene Publikum dankte für die spritzigen Interpretationen mit ausgiebigen Beifall. Die „Schlesischen Kammersolisten ließen sich denn auch nicht lange bitten, und verabschiedeten sich mit dem wunderschönen „Hava na Gila“, gefolgt von dem hinreißenden Tango por una cabeza von Carlos Gardel. Ein gelungener Einstieg nach langer Corona-Pause ins Donauwörther Kulturleben. Bitte weitermachen – und alles Gute für die kommenden Tage!